Ausbildung
Das einzige Mädchen unter 39 Jungen

Selina Kosowski hat ihren Berufstraum verwirklicht. Die 20-jährige Brennbergerin ist jetzt Metzgermeisterin.

11.05.2017 | Stand 16.09.2023, 6:34 Uhr
Resi Beiderbeck

Als einziges Mädchen aus ganz Bayern hat Metzgermeisterin Selina Kosowski bewiesen, dass sie Gleiches zu leisten imstande ist wie die 39 Jungs des 432. Meisterkurses. Foto: Beiderbeck

„A Fleisch, a Speck, a Eis, a Gwürz“. Fragt man Selina Kosowski nach den Zutaten für einen guten Leberkäs – ihre Leibspeise – kommt die Antwort zackig und souverän. Schaschlik stecken, Fragen beantworten und Glückwünsche entgegen nehmen, das schafft die 20-jährige Metzgermeisterin problemlos gleichzeitig. Jetzt hat sie an der Fleischerschule in Landshut ihren Berufstraum verwirklicht und die Meisterehre erworben. Als einziges Mädchen aus ganz Bayern hat sie bewiesen, dass sie Gleiches zu leisten imstande ist wie die 39 Jungs des 432. Meisterkurses.

Die anspruchsvollen Prüfungsinhalte, die in der Fachtheorie auch trockene Themen wie Lebensmittelhygiene, Buchhaltung, Recht und Arbeitspädagogik beinhalteten, hat Selina Kosowski gut gemeistert. Ganz schön zur Sache ging es im praktischen Prüfungsteil. Da mussten zwei verschiedene Wurstsorten hergestellt werden. Ein Kundenbüfett inklusive ansprechender Gestaltung von dekorativen Fleischplatten war anzurichten. Gefordert wurde außerdem das Zerlegen einer „Rinderpistole“. Die meisten von Selinas Altersgenossen würden diesen Begriff wohl unter „Seltene Waffengattung“ einordnen. Weit gefehlt: „A Rinderpistoln, des ist der Schlegel vom Rind mit der Lende.“ Das ganze Viertel nach verkaufsbezogener Schnittführung sauber auslösen, zuschneiden und sortieren erfordert Geschick.

Mit 14 Jahren die Ausbildung begonnen

Über ihren Meister-Abschluss in einer echten Männer-Domäne freut sich Selina riesig. Prüfungsausschuss-Vorsitzender Florian Lang von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz zählte zu den ersten Gratulanten.

Schon während der Schulzeit stand für die taffe junge Frau fest, dass sie am liebsten in einer Metzgerei arbeiten möchte. Sie wurde bei Metzgermeister Klaus Schwarz, Inhaber der Brennberger Metzgerei Hirschberger, vorstellig. Die beiden waren sich schnell einig und so begann Selina mit gerade mal 14 Jahren die Ausbildung zur Metzgereifachverkäuferin. Als Werner Muggenthaler, Obermeister der Regensburger Fleischerinnung, dann 2014 die Absolventen freisprach, bekam Selina nicht nur Abschlusszeugnis und Gesellenbrief ausgehändigt, sondern zusätzlich eine besondere Ehrung als Prüfungsbeste zuerkannt. Ihren Lehrherrn freute dieses Ergebnis zwar sehr – verwundert hat es ihn aber nicht. „Mit Selina ist uns ein echter Glücksgriff gelungen“, lobt er seine Mitarbeiterin, „denn sie hat viel Freude an der Arbeit, Talent zum Beruf und Geschick im Umgang mit der Kundschaft“. Dass sie Fleisch- und Wurstwaren nicht nur verkaufen, sondern am liebsten auch selbst herstellen möchte, daraus machte Selina nie ein Geheimnis. Sie wollte nicht nur Metzgereifachverkäuferin sein, sondern Metzgermeisterin werden. Auch bei diesem Ziel unterstützte sie ihr Chef voll und ganz.

Wieder regelmäßig im Laden

So kam es, dass ihre Stammkunden letztes Jahr immer wieder vergeblich nach Selina fragten, denn die war jetzt meist in der Zerlegung zugange oder stellte gerade Regensburger Knacker her. Jetzt ist die Prüfung geschafft und die junge Frau ist wieder regelmäßig im Laden anzutreffen, wo sie unter der Kundschaft etliche Fans hat, die sich am liebsten von ihr beraten lassen. Die humorvolle Meisterin kennt nämlich nicht nur jedes einzelne Produkt genau, sondern gibt jederzeit souverän Auskunft über die beste Zubereitungsart und die Herkunft. „Des is a scheens Stückl vom Gundhöringer Freiluftschwein, a Kreuzung aus Deutscher Landrasse und Pietrain, artgerecht gehalten im Pigport mit viel Platz und Auslauf“, erklärt Selina, „des gibt an guadn Braten“.

Alles, was sie kann, hat ihr Chef Klaus Schwarz beigebracht. „Er war immer geduldig, hat nie geschimpft und ich hab immer alles fragen können“. Jungen Leuten, die darüber nachdenken, Metzger/in zu werden, rät sie, sich so wie sie einen relativ kleinen Ausbildungsbetrieb zu suchen, weil man da alles lernt und nicht nur einzelne Bereiche kennenlernt, so wie es in Großbetrieben oft der Fall sei.

Bei der Feuerwehr aktiv

An Ausgleich nach Feierabend mangelt es der lebensfrohen, geselligen Selina nicht. Sie ist bei der Bruckbacher Feuerwehr aktiv und trainiert jede Woche Linedance mit den „Rainbow-Liners“. Außerdem geht sie gerne Reiten. Und dann ist sie noch Mitglied beim Burschenverein mit Mädchengruppe und bei den Stammtischfreunden Bruckbach. In ihrem Leben ist immer was los und ihren absoluten Traumberuf hat sie obendrein. „A frische Leber hätt ma heut – und d´’Jagdwurst is im Angebot!“