Der kantige Namensgeber

Gymnasium Auch heute noch ein Vorbild: Prof. em. Dr. Alois Schmid stellte sein Buch „Benedikt Stattler. Philosoph und Theologe“ vor.

26.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:09 Uhr
Nach der Veranstaltung versammelten sich Stadtarchivar Clemens Pongratz (v. links), Bürgermeister Markus Hofmann, Künstlerin Sonja Latussek, Prof. Dr. Alois Schmid, Gastgeberin und Schulleiterin Birgit Maier sowie Buchhändler und Mitglied des Fördervereins Wilfried Oexler um das Gemälde, das Benedikt Stattler zeigt. Auch diese Reproduktion und der Verbleib des Originals werden in der Monografie Prof. Schmids diskutiert. −Foto: Verena Gust

„Nicht jede Schule und nicht jede Stadt kann ein eigenes wissenschaftlich fundiertes Buch über ihren Namenspatron bzw. ihren berühmtesten Sohn in Händen halten,“ so Schulleiterin Birgit Maier und Bürgermeister Markus Hofmann. Zurecht seien das Benedikt-Stattler-Gymnasium und die Stadt Bad Kötzting stolz auf das Forschungsergebnis des emeritierten Professors für Bayerische Landesgeschichte, Alois Schmid, heißt es in einer Pressemitteilung der Schule.

Professor Schmid stellte am BSG das jüngst veröffentlichte Buch „Benedikt Stattler. Philosoph und Theologe. Der kantige Einzelgänger“ einer sehr interessierten Hörerschaft vor, bestehend aus einer kleinen Gruppe von Ehrengästen sowie Schülern und Lehrern. Der Professor hatte sich 2020 der „Sache Stattler“ angenommen, nachdem in einer lokalen Zeitung die Frage aufgeworfen worden war, ob Benedikt Stattler ein geeigneter Namensgeber für das Kötztinger Gymnasium sei.

Seine ersten Forschungen hinsichtlich Leben und Werk des Theologieprofessors erzielten bereits ein eindeutiges Ergebnis: „Der Name ist sogar gut geeignet, die Wertorientierung der Schule gerade in ihrer regionalen Verankerung deutlich zu machen“, so Schmid im Jahr 2020. Diese Beschäftigung mit Stattler motivierte den Professor zu einer allumfassenden Auseinandersetzung. Letztlich entstand dabei ein bemerkenswertes Buch, das aufgrund der ausgedehnten Quellenauswertung und des vorurteilsfreien Blicks des Historikers das bislang wertvollste Werk über Stattler ist.

Unterstützung durch Stadt

Um die wichtige Veröffentlichung zu unterstützen und voranzutreiben, stellte die Stadt Bad Kötzting gerne finanzielle Mittel zur Verfügung. Wer sich einen Einblick in die durchaus spannende Materie verschaffen will, kann das Buch beim hiesigen Buchhändler Oexler erwerben.

Die Monografie Schmids ist leicht verständlich und trotz aller wissenschaftlichen Fundiertheit eine abwechslungsreiche und anschauliche Lektüre. Genau so gestaltete der Professor für Bayerische Landesgeschichte auch seinen Vortrag. In einer Mischung aus universitärer Vorlesung und schülernaher Darstellung legte er wesentliche Inhalte des Buches dar. Er zeigte nicht nur die Bedeutung Stattlers auf, sondern informierte die Hörerschaft auch darüber, wie man am Beispiel Stattlers die Entstehung von Geschichtsbildern nachverfolgen kann: Stattler, der zunächst als hoch angesehener Universitätsprofessor, Literat und Publizist (er veröffentlichte insgesamt 76 Titel, darunter Mammutwerke mit mehreren tausend Seiten) wahrgenommen wurde, gelangte nach (!) seinem Tod in den Wirkkreis der Justiz.

Der Frauenmörder Riembauer zog eine völlig aus dem Zusammenhang der literarischen und moralischen Entwicklung Stattlers gerissene Passage aus einer jesuitischen Schrift aus den frühen Jahren des Theologieprofessors zur eigenen Verteidigung heran. Daraus konstruierte Paul J. A. von Feuerbauch, Rechtsgelehrter und Populärwissenschaftler, für seine belletristischen Kriminalgeschichten einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen den Schriften Stattlers und der Mordtat Riembauers. Der Jurist schreckte dabei nicht vor einer verwässernden Umformung des Quellenmaterials zurück. Diese einmal verfälschte Darstellung wurde sowohl Ende des 19. Jahrhunderts als auch im 20. Jahrhundert genutzt, um den jesuitischen Orden, dem Stattler angehört hatte, zu verfolgen bzw. in der Publizistik gezielt allgemeine Kirchenkritik zu üben.

Ein eindeutiges Resümee

Was die Frage betrifft, ob der konservative Theologe, dessen sperriger Schreibstil und dessen Themen die heutigen Schülergenerationen wohl von der Beschäftigung mit den Originalwerken abhalten und dessen „Unverbesserlichkeit und Sturköpfigkeit“ eindeutige Charaktereigenschaften waren, als Namenspatron für ein Gymnasium im 21. Jahrhundert geeignet sei, zieht der Historiker ein eindeutiges Resümee. Sowohl in seiner Monografie als auch im Vortrag betont Schmid die Vorbildfunktion Stattlers.

Sein „ungeheurer Fleiß“, eine „eiserne Beharrlichkeit“, die „Weite des Interessenshorizonts“ sowie die Fähigkeit, sich selbst weiterzuentwickeln, seien Werte, die Stattler auch heute noch als Vorbild auszeichneten. Zudem kämpfte er vehement für den Aufbau eines „staatlichen Schulwesens mit der Einführung der Allgemeinen Schulpflicht“ und gab in seinem politischen Amt als Geistlicher Rat, „was man heute fast mit einem Kultusminister vergleichen kann“, wichtige Impulse für die Volksbildung. Schmid: „Das BSG ist die einzige Institution, die das Gedenken an Benedikt Stattler in unserer Gegenwart aufrechterhält.“