MZ-Serie
Der Mann für wichtige Nebenrollen

Bayerische Originale: Der gebürtige Regensburger Willy Harlander gehörte zu den sensiblen Charakterdarstellern.

16.12.2014 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr
In Polizeirollen fühlte sich Harlander, der vor seiner Schauspielkarriere selbst bei der Polizei war, wohl: Das Bild zeigt ihn als Kriminalobermeister Brettschneider mit Helmut Fischer und Henner Quest in der „Tatort“-Folge „Roulette mit sechs Kugeln“. −Foto: Bild: WDR

Im Gästebuch des Regensburger Hotels „Roter Hahn“ gibt es ein Foto von Willy Harlander. Es muss noch aus dem vorigen Jahrtausend sein. Zufrieden lächelt der Schauspieler mit dem markanten Schnauzbart in die Kamera. Offensichtlich hat er seinen Ausflug in die alte Heimat genossen und wohl auch gut gespeist. Es muss ein schöner Abend gewesen sein, an den sich auch die Hotelinhaber noch gerne erinnern. Sonst wäre das Foto 14 Jahre nach dem Tod von Willy Harlander wohl nicht mehr in der „Promi-Galerie“ zwischen Boris Becker und Franz Beckenbauer zu finden. Willy Harlander, der unter den bayerischen Volksschauspielern als der stille, sensible Charakter galt, ist eben bis heute unvergessen.

Vater Totengräber, Mutter Köchin

Er war ein Bayer wie aus dem Bilderbuch. In Regensburg wurde Harlander 1931 geboren, in der Fröhlichen-Türken-Straße, mitten in der Altstadt. Der Vater Totengräber, die Mutter eine Köchin. Willy und sein drei Jahre älterer Bruder Florian hatten eine Kindheit, die von den Wirren des Krieges geprägt war. Während sich der ältere Sohn schon früh in der Politik engagierte, spürte Willy den Hang zu den schönen Künste. Er soll bei den Domspatzen gesungen haben, auch wenn sich darüber in den Archiven des Musikgymnasiums später keine Unterlagen mehr finden. Beim Regensburger Studentenkabarett testete Harlander erstmals seine Bühnenpräsenz. Doch der Weg in die großen Volkstheater war noch sehr weit. Der Vater wollte seinen Sohn in einem sicheren Beruf wissen und schickte ihn zur Tischlerlehre. Danach machte er eine Ausbildung zum Orgelbauer und arbeitete bei der Bereitschaftspolizei. So richtig zufrieden schien ihn das alles nicht zu machen. Während sein Bruder Florian im Dunstkreis der CSU schon beruflich Fuß gefasst hatte, suchte Willy mit Mitte 20 noch nach seiner Bestimmung.

Er zog weg aus der Oberpfalz nach München. Doch trotz Schauspiel- und Gesangsunterricht tat er sich schwer, ein Theaterengagement zu finden. Erst nach langem Zögern soll ihn Ludwig Schmid-Wildy für das „Platzl“ gebucht haben. Da Harlander völlig unbekannt war, durfte er nur unbedeutende Nebenrollen spielen. Jahrelang. Aber anderen Schauspielerkollegen erging es ähnlich. Walter Sedlmayr oder Helmut Fischer hatten ebensolange Durststrecken, bis sie fürs Fernsehen entdeckt wurden. Wahrscheinlich ist Willy Harlander auch deshalb trotz seiner späteren Bekanntheit nie abgehoben. „Ich komme aus dem Volk und spiele fürs Volk“, hat er einmal gesagt.

Harlanders Repertoire war von enormer Bandbreite. Regisseur Rainer Werner Fassbinder holte ihn für „Bolwieser“ und „Lili Marleen“ vor die Kamera. Helmut Dietl besetzte ihn für „Schtonk“. Percy Adlon engagierte ihn für „Rosalie goes Shopping“. Am liebsten spielte Harlander aber Kriminalbeamte. Schließlich hatte er ja selbst eine Ausbildung bei der Polizei absolviert. Mit seinem Freund und kongenialen Partner Gustl Bayrhammer ging er in den 1970er Jahren im „Tatort“ auf Mörderjagd – zehn Folgen lang. Die Kleinen kannten Harlander wegen seiner Rollen im „Pumuckl“. Dort mimte er den Schlossermeister Bernbacher, den besten Freund des Meister Eder. Ebenso daheim fühlte sich Harlander aber auch auf den Brettern des Bauerntheaters, immer wieder war er im Komödienstadl zu sehen. Und dann gab’s da noch den frivolen Part: In den 70er Jahren hüpfte Harlander in den für damals typischen Sexklamotten über die Kinoleinwand: Heute lustig anzuschaun: „Schulmädchen-Report, Teil 5: Was Eltern wirklich wissen sollten“ oder die „Oberbayern auf Dirndljagd.“

Beliebt für seinen geraden Humor

Unter seinen Kollegen war Harlander beliebt. „Ein warmherziger Mensch mit großem Herzen und gradem, ansteckendem Humor“, beschreiben ihn die Schauspieler-Kollegin Monika Baumgartner und Regisseur Franz Xaver Bogner.

Seine erste Frau, Christl Höck, hatte Harlander auf der Bühne des „Platzl“ lieben gelernt. Sie starb 1967. Auch seine zweite Frau, Erika Blumberger, war vom Fach. Sie war Star des Münchner Gesangsquartetts „Isarspatzen“, stand mit Harlander des öfteren vor der Kamera – so auch in dem Film „Rosalie goes Shopping“.

Am 20. April 2000 starb Harlander überraschend. Beim Spaziergang mit seinem Dackel hatte er auf einem Waldweg im Perlacher Forst bei München einen Herzinfarkt erlitten. In seinem Nachruf schrieb der Bayerische Rundfunk: „Harlander zählte zu den bayerischen Volksschauspielern, die ihre Heimat und ihre Menschen präzise darstellten und dabei überhaupt nichts Volkstümelndes und Aufgesetztes an sich hatten. Selbst wenn er einen bärbeißigen Charakter spielte, spürte man, dass in seiner Brust ein warmes Herz schlägt.“ Auch deshalb wird der Volksschauspieler aus der Oberpfalz bis heute verehrt – nicht nur im Hotel „Roter Hahn“.