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Der Neuanfang nach der Totenstille

Auf dem Geflügelhof Haberzeth bei Roding soll nach der Geflügelpest und Keulung von 12 900 Tieren neues Leben einkehren.

12.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:54 Uhr
So soll es bald wieder aussehen im Geflügelhof. Kerstin Haberzeth freut sich bereits darauf, wenn wieder schnatterndes Leben einzieht. −Foto: Nicklas

„Das Schlimmste war diese Totenstille“, erinnert sich Kerstin Haberzeth. Am 7. Dezember gegen Mittag war der letzte Vogel auf dem Hof tot. 12 900 Gänse, Hühner, Enten und Puten hatte eine Spezialfirma auf dem Geflügelhof innerhalb von 24 Stunden gekeult. Selbst der Hund der Familie saß auf dem weiten Feld, blickte ins Nichts und verstand seine kleine Welt nicht mehr.

Die Tage wurden zu einer Zerreißprobe für die Nerven der Hofbesitzer. „Als der Chef des Veterinäramtes das Ergebnis der Routineprüfung mitteilte, war mir gleich klar, was das bedeutet. Wir waren fassungslos. Die Prüfungen hatte es ja immer schon gegeben und nie war was. Alle haben versucht uns möglichst gut und schonend auf das vorzubereiten, was dann kam. Aber als die Stunde da war, da war es furchtbar“, erzählt Kerstin Haberzeth.

„Dieses Töten war so nutzlos“

Am Sonntag, 6. Dezember, rückten um 4 Uhr Spezialkräfte aus dem Landkreis an.Lautlos und mit Blaulicht. „Ich habe nur noch geflennt. Dann konnte ich die Untätigkeit nicht mehr aushalten. Ich bin mit meinem Mann rausgegangen und wir haben geholfen. Es sollte möglichst schnell vorbei sein. Ich weiß aber nicht, ob ich es noch mal tun könnte“, sagt Kerstin Haberzeth.

„Ich habe nur noch geflennt.“Kerstin Haberzeth

Dann zogen die Spezialkräfte ab – und die Stille zog ein. Keine Kühlung, kein Schnattern, kein Gegacker, kein Klingeln der Ladentüre. Eben das, was man zurecht Totenstille nennt. Am Ende kam Hilfe von zunächst ungeahnter Seite. Schon die Veterinäre, die Spezialkräfte, Landrat und Bürgermeister hatten versucht, es der Familie so leicht wie möglich zu machen. Doch das, was dann kam, freut Kerstin Haberzeth heute noch. „Es gab immer wieder Anrufe von Kunden und Bekannten, die uns Mut zusprachen. Die Nachbarn hatten großes Verständnis auch für ihre Belastungen durch die Keulungsaktion.“

Neuanfang Ende Februar

Kerstin Haberzeth erinnert sich nur an eine einzige Frau, die angerufen und gefragt hat, ob sie ihre Ente zurückbringen kann. „Mein Gott, die hätte ich zurückgenommen. Zum Streiten hätte ich eh keine Kraft mehr gehabt.“ Die Frau kam nie.

Das hat Mut gemacht für den Neuanfang. Noch weiß die Familie nicht, welchen Ersatz sie für die gekeulten Tiere bekommt. „Unsere Arbeit kriegen wir sicher von der Seuchenkasse nicht wieder. Da tun wir uns als Familienbetrieb ohne Angestellte sicher leichter. Aber weh tut das finanziell schon“, sagt Armin Haberzeth.

„Weh tut das finanziell schon.“Armin Haberzeth

Das neue Geflügel scharrt schon

Am Ende hat es keine Alternative zum Neuanfang gegeben. „Was sollten wir tun? Das ist unser Leben. Und unser Sohn Maximilian ist jetzt 15 und möchte weitermachen.“ Und so füttern derzeit die Lieferanten des Familienbetriebes die Legehennen und das andere Geflügel schon einmal vor, damit der Neustart mit möglichst wenig Zeitverzug beginnen kann.

„Was sollten wir tun? Das ist unser Leben.“

In den nächsten Tagen wird es eine letzte Desinfektion der Ställe durch eine Spezialfirma geben und eine Endabnahme des Veterinäramtes. Dann muss eine letzte Frist von 21 Tagen eingehalten werden, bevor neues Geflügel auf den Hof darf. „Das scharrt aber schon in den Startlöchern“, freut sich Kerstin Haberzeth.

Nach den guten Erfahrungen der letzten Wochen glaubt die Familie fest daran, dass ihre Kunden wieder kommen. „Wir konnten ja nichts dafür“, sagt Armin Haberzeth. Denn bis heute kann niemand sagen, wie es zu der Infektion kam. Niemand kann zum Beispiel verhindern, dass die freilaufenden Gänse einmal Kontakt mit den wildlebenden Verwandten haben, bei denen die Infektion verbreitet ist.

Nur eine schlechte Nachricht gibt es für die Kunden: Der Geflügelhof wird keine Fremdschlachtungen mehr vornehmen. „Wir wollen alles ausschließen, was an Infektionsmöglichkeiten auszuschließen ist“, sagt Kerstin Haberzeth. „Das wird einigen Kunden wehtun, aber ein zweites Mal wollen wir sowas nicht durchstehen müssen.“

„Wir konnten ja nichts dafür.“Armin Haberzeth

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