Arbeit
Der steile Aufstieg eines Syrers

Omar Alsamman mauserte sich vom Praktikanten zum Vorarbeiter einer Neumarkter Firma - auch dank eines Jobbegleiters.

05.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:17 Uhr

Firmenchef Jürgen Drabant ist stolz auf Omar Alsamman. Foto: Neumayer

Eigentlich hat Omar Alsamman in seinem Heimatland Syrien Bankkaufmann gelernt. Doch schon bald nachdem er im Juli 2015 in Deutschland angekommen war, wurde dem 27-Jährigen klar, dass er aufgrund der Sprachprobleme nicht als Bankkaufmann arbeiten kann. Während eines Praktikums bei der Firma Drabant entdeckten er und seine Vorgesetzten im Mai 2017 andere Fähigkeiten.

Alsamman ist einer von aktuell sieben Flüchtlingen, die Wolfgang Beyer dem Neumarkter Unternehmen vermittelt hat. „Diese Woche kommt noch ein Achter dazu, der ein Praktikum beginnt“, sagt der Jobbegleiter der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) Neumarkt. In einem vierwöchigen Praktikum können sich der Bewerber und die Firma kennenlernen und testen, ob eine langfristige Zusammenarbeit Sinn macht.

So arbeiten die Flüchtlinge bei der Firma Drabant:

Das ist das Ziel des Jobbegleiters. Im November 2016 startete das zweijährige Programm des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Bildung. Die bfz habe sich beworben und den Zuschlag bekommen. „Wir wollen die Maßnahme um zwei Jahre verlängern, weil es so gut läuft“, sagt Joachim Simbeck, der stellvertretende Leiter der bfz. Aktuell betreut Beyer als Jobbegleiter 58 Teilnehmer. 24 davon haben einen Arbeitsvertrag unterschrieben. 19 der Teilnehmer arbeiten in Vollzeit.

Hassan ist seinem Chef dankbar

Einer davon ist Ayman Hassan. Seit zwei Jahren lebt er in Deutschland. Im April vergangenen Jahres durfte der Syrer ein Praktikum bei Drabant absolvieren. Weil er überzeugte, wurde Hassan nach vier Wochen als SMD-Bestücker fest übernommen. Er arbeitet an einer automatischen Lötmaschine. Die fertigen Teile werden in Elektrofahrzeugen verbaut. „Ich bin sehr froh, dass ich hier arbeiten darf“, sagt Hassan. Seine Vorgesetzten sind zufrieden mit ihm. Sowohl der Firmenchef und der Marketingleiter Guy Nufer-Kellermann als auch der Fertigungsleiter Dominik Sippl loben den 35-Jährigen.

Lesen Sie hier ein Interview mit Gisela Lindemann-Kirsch. Sie vermittelt Geflüchteten einen Job.

Das Alter ist eine der Voraussetzungen, warum Jobbegleiter Beyer Hassan vermittelt durfte. Denn das Förderkonzept ist für Flüchtlinge ab 25 Jahren gedacht. Die Teilnehmer aus dem Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia sollen eine Bleibeperspektive haben. „Außerdem ist ein vernünftiges Sprachniveau Voraussetzung, vermittelt zu werden.“

„Wir sollten nicht alle Flüchtlinge in einen Topf schmeißen.“Joachim Simbeck, stellvertretender bfz-Leiter

Über 70 Prozent seiner Teilnehmer stammen aus Syrien. 83 Prozent sind männlich. „Hochgebildete Frauen sind schwer zu vermitteln.“ Bei den meisten Teilnehmerinnen erschwert die Kinderbetreuung dieJobsuche. „Priorität hat eine Arbeitsstelle“, sagt Beyer. Das sei seine wichtigste Aufgabe als Jobbegleiter. Eine bezahlte Stelle ist laut Beyer neben der deutschen Sprache und einer Wohnungder Schlüssel zur Integration. „Viele Flüchtlinge wollen sich integrieren.“ Doch Beyer gibt zu, dass er auch schon weniger motivierte Teilnehmer betreut hat. „Mit ihnen verschwende ich dann aber nicht meine Zeit.“ Die widmet er den Motivierten. „Jeder integrationswillige Mensch hat eine Chance verdient – egal, wo er herkommt.“ Der stellvertretende bfz-Leiter Simbeck betont: „Wir sollten nicht alle Flüchtlinge in einen Topf schmeißen.“

Beyer hat nicht den Eindruck, dass die Firmenchefs im Landkreis Neumarkt nach diesem Schema kategorisieren. Etwa 75 Prozent der Unternehmen seien gegenüber Flüchtlingen aufgeschlossen. Vor allem im handwerklichen Bereich seien Unternehmen oft bereit, Geflüchteten eine Chance zu geben. „Für die Baubranche müsste man das Interesse und die Bereitschaft der Flüchtlinge wecken, dort zu arbeiten“, sagt Beyer.

Wenig Überzeugungsarbeit nötig

Bei Ayman Hassan war nicht viel Überzeugungsarbeit notwendig. Sowohl der Bewerber als auch die Firma Drabant waren einer Zusammenarbeit aufgeschlossen. „Die Führungskräfte sind sehr fair gegenüber den Mitarbeitern“, sagt Beyer. Außerdem herrsche ein gutes Arbeitsklima in der Firma, die im Winnberger Weg ihre Büroräume und die Fertigungshalle hat. Die Verantwortlichen der Firma Drabant schätzen die Fähigkeiten der Geflüchteten. Mit den Teilnehmern des Jobbegleiters haben sie bislang fast nur positive Erfahrungen gemacht.

Nur einmal gab es Probleme, wie Fertigungsleiter Sippl sagt. „Wir haben gemerkt, dass der Bewerber während des Praktikums desinteressiert war.“ Bei den arabischsprachigen Kollegen helfe Omar Alsamman beim Dolmetschen. „Er kann fragen, welche Probleme sie haben.“

Alsamman hingegen ist längst kein Praktikant mehr. Im Juni wurde der Syrer fest übernommen. „Er war beim Löten schnell und talentiert“, sagt Sippl. Der Firmenchef sah noch mehr Qualitäten und beförderte den 27-Jährigen zum Vorarbeiter. Mittlerweile lötet er nicht nur, sondern lernt Mitarbeiter an, verteilt Aufträge und kontrolliert die Qualität der Ware. Er ist froh: „Ich schätze das Vertrauen sehr.“

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