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Der Traum von der Cafébar

Beim „Sonntagsfrühstück“ spricht Bianca Bergmann über ihre Jugend als Adoptivkind und ihre Karriere in der Cafébar.

14.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:28 Uhr
Michael Scheiner

Bianca Bergmann ist stolz auf ihre Cafébar „Legato“. Fotos: Scheiner

Ein „Sonntagsfrühstück“ mit Bianca Bergmann kann man wörtlich nehmen: In ihrer schnuckeligen Cafébar „Legato“ im Schatten der großen Dreieinigkeitskirche lässt es sich bei einem exquisiten Cappuccino, einem Hörnchen und einem fantasievollen Kuchen wunderbar plaudern. Da stört höchstens das Kauen auf einem frisch gemachten Avocado-Schinken-Brötchen. Vor knapp drei Jahren hat die toughe Regensburgerin das kleine Lokal übernommen. Für sie war es die Realisierung eines Lebenstraumes, der ihr aber keineswegs schon mit in die Wiege gelegt worden ist.

Du bist als kleines Kind von Pflegeeltern adoptiert worden. Wann hast Du davon erfahren und angefangen zu realisieren, dass die Bergmanns nicht Deine leiblichen Eltern sind?

Ich wusste das eigentlich schon immer! Meine Eltern, die Bergmanns – denn die sind für mich meine Eltern – haben da nie ein Geheimnis draus gemacht. Für mich war das immer klar, seit ich denken kann. Mit drei bin ich zu den Bergmanns nach Langquaid gekommen und dort mit meinen Brüdern aufgewachsen. Ich hatte eine ganz normale Kindheit … Eigentlich völlig uninteressant. (lacht)

Hast Du Deine biologischen Eltern irgendwann einmal kennengelernt und stehst vielleicht sogar in Kontakt mit ihnen?

Von meinem leiblichen Vater weiß ich, wer er ist. Der war sogar anfangs ab und an zu Besuch gekommen. Das wurde aber immer weniger und ist irgendwann ganz abgebrochen. Als ich 26 war, bin ich mit meinem Papa ins Jugendamt zu Gretel gegangen (Anm. der Red.: Adoptionsvermittlerin Gretel Meier) und wir haben geforscht. Daraufhin habe ich meinen Erzeugervater auch getroffen. Jetzt hatte ich lange überhaupt keinen Kontakt zu ihm. Für mich sind auch meine biologischen Eltern eigentlich zwei fremde Menschen. Ich kenne die im Grunde überhaupt nicht. Meine Mutter schon gar nicht.

Weißt Du bis heute nichts von ihr?

Bis vorletztes Jahr wusste ich nicht, wer und wo sie ist, und hatte auch kein Bedürfnis, sie kennenzulernen. Allerdings habe ich vor etwas über einem Jahr von ihr über meinen leiblichen Vater erfahren. Natürlich hatte ich auch schon vorher eine Vorstellung, wie sie aussieht – oder aussehen sollte. Ich wollte sie sehen, sie mich aber nicht. Ich habe dann mit ihr telefoniert. Sie war sehr aufgeregt und hat mir ziemlich schnell erzählt, wie es bei meiner Geburt war. Als Jugendliche hatte ich manchmal einen Traum, wo sie irgendwo da drüben steht! Ich seh’ sie dann, sie mich aber nicht. Für mich ist das einfach so, ich hab’ damit kein Problem. Natürlich kenne ich auch so Quatsch-TV-Sendungen, wo dann alle heulen, sich Vorwürfe machen und in den Armen liegen. Wenn ich aber jemanden nicht kenne, kann ich auch keine Wut empfinden. Eher gab es so was wie Unverständnis, als ich jung war und darüber nachgedacht habe. Sie waren beide nicht in der Lage, mich zu versorgen, habe ich mal über meinen Vater erfahren.

Kannst Du Dich noch daran erinnern, wie Du zu den Bergmanns gekommen bist?

Ja klar! Ich war ja zuvor schon in einer anderen Pflegefamilie, in Obertraubling. Dann kamen einmal die Bergmanns mit Hund und jemand vom Jugendamt und gingen mit mir spazieren. Als wir zurückkamen, machten die nicht auf. Ich bin dann gleich mit zu den Bergmanns gefahren. Später habe ich in einem Protokoll gelesen, dass ich mich so verhalten hätte, als wär’ ich bei denen immer schon zu Hause gewesen (lacht). Es war das Beste, was mir passieren konnte.

Eine Kindheit, Schule und Jugend in Niederbayern auf dem Land stellt man sich nicht gerade prickelnd vor. Wie ging es Dir damit?

Ganz normal, mit Partys im Partykeller und am Sonntagnachmittag Disco (lacht wieder). Wenn man die mal verpasst hätte, wäre jeder am Boden zerstört gewesen. Bei uns hat sich viel im Haus Bergmann abgespielt, da war immer etwas los. Zum Saunen kamen Leute, es gab Geburtsfeten und große Silvesterfeiern. Dabei war ich immer gern Gastgeberin, hab’ ausgeschenkt, es gab damals Blue Curacao und O-Saft … Das hat mir gefallen.

Waren das die Anfänge für Deinen beruflichen Werdegang in der Gastronomie?

Nach dem Quali hatte ich erst andere Dinge im Kopf als meine berufliche Zukunft. Ich wusste aber, ich will keine Friseurin werden. Deshalb habe ich mich bei einer Möbelschreinerei in Saal beworben und eine Ausbildung als Schreinerin gemacht. Das war relativ ungewöhnlich. Manchmal kamen da auch komische Sprüche wie „Dein Vater ist doch Bürgermeister.“ So nach dem Motto: „Du musst doch überhaupt nicht arbeiten.“ Ich konnte mich allerdings schon immer gut durchsetzen. Während der Schulzeit war ich ja immer Klassensprecherin und einmal sogar Schulsprecherin, hmm … (überlegt kurz) Vielleicht kommt das daher!

Hast Du dann irgendwann eine Theke gebaut und bist auf dem Weg in die Branche gekommen?

Ich wusste immer, in der Schreinerei bleibe ich nicht. Hat mir nicht so richtig Spaß gemacht. Nach der Ausbildung war ich zwei Jahre im Jachtenbau, hab’ Luxusjachten gebaut – eine eher giftige Angelegenheit – und mir dann überlegt, dass ich noch einmal in die Schule gehe. Ich habe die Mittlere Reife nachgeholt und bin dann bei Ikea gelandet – habe aber schon die ganze Zeit nebenbei in der Gastronomie gearbeitet. In der Neuen Filmbühne, bei Karin und Che, in der Cafébar und im Paletti. Das hat mir richtig Spaß gemacht. 2010 hat es sich dann ergeben, dass ich als Geschäftsführerin ganz bei der Cafébar eingestiegen bin. Seither habe ich mich immer mal wieder umgeschaut, ob sich etwas findet, was ich selbst machen kann. Mein Partner war auch in der Gastronomie tätig, das hätte gepasst.

Vor drei Jahren hast Du dann das Legato übernommen, obwohl es bei den Vorgängern eher weniger gut gegangen ist. Wie ist es Dir gelungen, es zum Laufen zu bringen und eine gute Mannschaft zusammenzubekommen?

(lacht) Das frage ich mich auch manchmal! Ich glaube, ich bin wahnsinnig stolz auf mein Team. Praktisch von allen meinen Gästen bekomm’ ich dafür ein positives Feedback. Ich versuch’, sie so selbstständig wie möglich arbeiten zu lassen. Das Wichtigste ist, die Arbeit muss ihnen Spaß machen. Wo ich aber sehr streng bin, das ist beim Milchschaum. Der muss einfach perfekt passen. Das muss jeder lernen, der bei mir arbeitet. Neue müssen so lange üben, bis es sitzt. Bei mir gibt es ein paar Regeln, wie ich es haben möchte, ansonsten müssen sie selbstständig Entscheidungen treffen. Vielleicht liegt es auch an meinem Charakter, bin halt so!

Früher haben Kirche und Gasthaus zusammengehört. Dein Café liegt direkt neben der Kirche. Gibt es da noch eine Verbindung?

Ehrlich gesagt, nein. Vielleicht über den Namen „Legato“, das ist ja eine Vortragsweise in der Musik, bezeichnet aber auch den „Gesandten“. Das verbindet mich mit dem Gesandtenfriedhof und der Gesandtenstraße. So gesehen gibt es eine Verbindung.

Gibt es noch Jugendträume, die Du irgendwann verwirklichen willst?

(lacht wieder): Das hier ist mein Traum! Darauf bin ich stolz, was ich mir damit geschaffen und einen Namen gemacht habe.

In Dein Café gehen auch häufig Eltern mit ihren Babys und Kindern. Wie schaut es bei Dir selbst mit einem Kind aus – Wunsch oder eher nicht?

Ich mag Kinder wahnsinnig gern. Fast alle meine Freundinnen haben inzwischen Kinder. Bei denen heiße ich „Bianca, der Kindermagnet“. Bei mir selbst war der Kinderwunsch nie so ausgeprägt. Wenn es passt, gut, wenn nicht… Ich muss auch keine eigenen Kinder bekommen, sondern kann mir gut vorstellen, eines zu adoptieren, das dann meine Geschichte fortführt.

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.

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