Baumart
Die Kolorado-Tanne ist ein Nadel-Wunder

Zitroniger Duft steigt in die Nase, wenn man die Nadeln der Kolorado-Tanne reibt. Die Bäume werden über 50 Meter hoch.

21.01.2020 | Stand 16.09.2023, 5:16 Uhr

Besticht durch ihre blaugrünen, weichen und nach Zitrone duftenden Nadeln: Die Kolorado-Tanne. Fotos: Schoplocher

Das ist aber eine komische Zirbe... Nein, ist es nicht, es ist überhaupt keine. Sondern eine Kolorado-Tanne. Weil trotz Bemühungen und dem Anzapfen diverser Stellen kein Foto von der Zirbe aufzutreiben war. Das nur für all diejenigen Stammleser, die sogar auf die Vorschau schauen. (Aufgeschoben soll aber nicht aufgehoben sein).

Jetzt aber schnell zu der auch als Grau- oder Silbertanne bezeichneten Baumart mit Ursprung in vielen kleinen Teilarealen von der Pazifikküste bis in die Rocky Mountains (Nomen est omen), die wir durch unseren Exkurs ungerechtfertigterweise um ein paar Zeilen gebracht haben. Dabei brauchen wir die, um vor allem von den Nadeln zu schwärmen, ihrem Charakteristikum. Sie hat die längsten aller Tannenarten, ihr grün-blauer und auf beiden Seiten gleicher Ton (daher ihr lateinischer Name concolor) bleibt ebenso im Gedächtnis wie deren Weichheit.

Gebogene Zweige, außergewöhnlicher Geruch

Wer einer begegnet, sollte ein paar Nadeln zerreiben, um den zitronigen Duft zu Tage zu fördern. Auf der Zweigoberseite – die Zweige wachsen waagrecht, eine weitere Besonderheit – sind sie leicht nach oben gebogen.

An ihren Standort stellt die Kolorado-Tanne kaum Ansprüche. Sie gilt als äußerst unempfindlich gegenüber Frost und kann mit einem Temperaturspektrum von fast minus 40 bis fast plus 40 Grad Celsius umgehen.

Von allen Tannenarten ist sie Trockenheit gegenüber am unempfindlichsten und verträgt am ehesten kontinentales Klima. Zudem kommt sie mit geringen Niederschlagsmengen von 500 bis 900 Millimetern pro Jahr aus – und die überwiegend im Winter. In den Rocky Mountains kommt sie bis in 3000 Metern Höhe vor.

Doch sie kann nicht nur Höhenlagen, sie kann auch Höhe: Bis über 50 Meter wachsen die Bäume hinauf, Zapfen bringen es schon einmal auf rund 30 Zentimeter. Als Schattbaumart kann sie lange Zeit im Unterstand leben, nach Freistellung wächst sie dann rasch, wie wir es von unserer heimischen Weißtanne kennen. Eine Fähigkeit, die sie neben der langen Haltbarkeit ihrer Nadeln in und für Christbaumkulturen interessant macht.

Selbstversuch kann gelingen

Wenn man sie bei uns sieht, dann weniger im Wald als in Parks und Gären, vielerorts wird sie als Stadtbaum geschätzt. Mit ihren positiven Eigenschaften scheint die „Kolorado“ wie geschaffen für den Klimawandel, doch Dr. Bauer ist zurückhaltend: Bisherige forstliche Anbauten verliefen wenig erfolgreich, allerdings gibt es ermutigende Resultate aus Rheinland-Pfalz und Belgien. Gegen „Selbstversuche“ und das Einstreuen einzelner Bäume in die Bestände spricht aber nichts. Ihre derzeit größte Schwäche ist der starke Wildverbiss, eine weitere Parallele zur heimischen Verwandtschaft.

Weil das Holz nichts Besonderes ist, wird es am ehesten zur Herstellung von Kisten, Sperr- oder Konstruktionsholz verwendet oder als Rohstoff für die Papierherstellung. Außerdem ist es gut nagelfest. Interessanter als das ist ein anderes „Produkt“ der Kolorado, das Kanadabalsam. Dieses kann aufgrund seiner speziellen Eigenschaften zum Reparieren von Glasscheiben verwendet werden, kommt aber heutzutage in der Mikroskopie zur Herstellung von Dauerpräparaten und als Heilmittel zum Einsatz. Gewonnen wird es aus Harzbeulen, die angezapft werden.

Vorsicht, jetzt kommt doch noch einmal die Zirbe: Im Hochgebirge ab 2500 Meter könnten sich beide Baumarten treffen.