Der hübsche Marktflecken Neualbenreuth, am Fuße des 940 Meter hohen Tillenberges, liegt am südlichen Rand des Egergrabens. Dieser Grabenbruch sorgte in der Vergangenheit an seinen Rändern für besonders hohe Vulkantätigkeit. Nicht umsonst kann man hier die jüngsten Vulkane Bayerns und Böhmens entdecken.
Besonders eindrucksvoll ist der Vulkan Železná hrka (Eisenbühl), der sich direkt an der Grenze zu Tschechien erhebt. Parkt man am Wander-Grenzübergang Mýtina (Albenreuth), befindet sich bereits hier eine Infotafel zum Mýtina-Vulkanfeld. Kaum haben wir die Grenze passiert, weist ein Schild den Weg, links am Waldrand entlang in eine Senke, wo sich ein schwarzer Schlackekegel erhebt. Es handelt sich um einen echten Vulkan. Mit rund 20 Metern Höhe ist er zwar nicht der größte seiner Zunft, dafür ist er mit seinen gerade mal 200 000 Jahren einer der jüngsten der Region. Der Kontakt von gasreichem Magma mit Grundwasser löste zu jener Zeit mehrere Eruptionen aus, und es entstand die typische blasige schwarze Vulkanschlacke. Während der Explosion lagerten sich zertrümmerte Nebengesteine als helle Tuffschichten ab. Da das Vulkangestein früher für Straßenschotter abgebaut wurde, sind die schrägen Schichten gut erkennbar.
Goethe besuchte die Vulkane
Am 23. August 1823 besuchte Johann Wolfgang von Goethe den heute unter Naturschutz stehenden Vulkan. Damals herrschte unter den Geologen ein heftiger Streit über die Entstehung der Erde und ihrer Gesteine. Waren Neptunisten überzeugt, dass Basalt als Sedimentgestein aus dem Meer hervorging, glaubten Plutonisten an einen feurigen, also vulkanischen Ursprung. Auch Goethe tendierte wider besseres Wissen zu den Neptunisten und glaubte, beim Eisenbühl handele es sich um ausgebrannte Kohleflöze. Das Resultat dieses Streits ist die moderne Geologie. Aber heißt es nicht schon in Goethes Faust: „Es irrt der Mensch, solang er strebt“?
Nach Neualbenreuth fährt man über die A93, Ausfahrt Mitterteich-Süd, dann auf der B299 nach Waldsassen, dort rechts nach Neualbenreuth, vom Marktplatz geradeaus in die Turmstraße und dann links in die Zollstraße, Parkplatz vor dem Grenzübergang, dann zu Fuß über die Grenze und nach circa 200 Metern links hinab zum Vulkan Eisenbühl. Tipp: Das jüngste Maar Bayerns wurde 2015 in Neualbenreuth entdeckt. Vom Parkplatz am Grenzlandturm (bewirtschafteter Aussichtsturm) in der Turmstraße weisen kleine Schilder zur sumpfigen Mulde des Maars (zwei Kilometer, rund 30 Minuten Gehzeit). Als Maar bezeichnet man eine schüssel- oder trichterförmige Mulde vulkanischen Ursprungs.
Eine unglaubliche Welt versteckt sich gleich hinter dem 1996 eröffneten Sibyllenbad in Neualbenreuth. Mitten in einem undurchdringlichen Wald erhebt sich eine gewaltige Bauruine. Mehrstöckige Hallen mit verwinkelten Räumen stehen neben meterhohen Betonsäulen. Armierungseisen ragen wild in die Luft. Graffiti zieren die Wände. Ein Baukomplex erinnert an ein Appartementhaus. Drei Stockwerke mit gleichartigen Räumen, die man heute mit „herrlichem Waldblick“ bewerben könnte. Wie in einem Endzeitthriller, in dem die Reste einer Megacity von der Natur zurückerobert werden. Wir erforschen die einst größte Baustelle Bayerns. Hier sollte 1971 nach dem Fund zweier Heilquellen ein Bad samt Kurviertel errichtet werden – ein Bäderzentrum, das den Weltruhm der benachbarten böhmischen Bäderorte in den Westen tragen sollte. Doch bereits ein Jahr später platzte der Traum, als plötzlich keine Finanzmittel mehr zur Verfügung standen.
Prophezeiungen der Sibylle
Benannt wurde das Sibyllenbad übrigens nach der um 1570 in Böhmen geborenen Seherin Michalda Weiß, die als „Sibylle von Prag“ bekannt wurde. Sie machte Vorhersagen bis ins dritte Jahrtausend. Über unsere Zeit sagte sie: „… seltsame Menschen bevölkern die Welt. Niemand ist wahrhaft glücklich. Die Natur wird geschändet, und der menschliche Geist fühlt sich über das Weltall erhaben.“
Dass das erste Bauvorhaben scheiterte, mag an den „seltsamen“, vom Größenwahn getriebenen Menschen liegen. Die geschändete Natur ist heute bereits sichtbar an insektenlosen Agrarwüsten und Baumplantagen, die wir als Wald kennen. Sibylle spricht von heißen Jahren und Dürrekatastrophen und von großen Bränden. Dann naht das Ende: Die Städte liegen in Trümmern, wie das alte Sibyllenbad, und die Natur holt sich zurück, was ihr gehört.
Doch was meinte sie mit: „Ich sehe Menschen, die ein kleines kantiges Ding in ihren Händen halten. Es gibt ihnen Auskunft über alles, was sie zu wissen begehren.“ Anreise zur Ruine Sibyllenbad über die A93, Ausfahrt Mitterteich-Süd, dann auf der B299 nach Waldsassen, dort rechts Richtung Neualbenreuth, kurz hinter Hardeck rechts zum Sibyllenbad, parken am hintersten Parkplatz. Die Bauruine liegt in dem Waldstück westlich des Bads.
Tipp: Am Marktplatz von Neualbenreuth steht der sogenannte Sagenbrunnen. Dargestellt ist der Tillenberg mit der untergegangenen Tillenstadt, die „nach dem Ende Prags wieder in neuem Glanz erscheinen wird“. Auch die Sibylle von Prag versteckt sich am Fuß des Berges.
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