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Die Welt der Schwaben im Klischee-Check

Eine Ausstellung in Stuttgart zeigt: Schwaben gönnen sich auch mal was und kehren nicht jeden Tag die Treppe.

21.10.2016 | Stand 21.10.2016, 6:00 Uhr
Mit Kehrwoche ist eine Regelung fürs Putzen gemeint. Dass Schwaben reinlicher sind als andere, wird allerdings bezweifelt.  −Foto: dpa

Schwaben sind besonders sparsam

Die Region um Stuttgart – heute eine der deutschen Boomregionen, war einst bettelarm. „Es war eine Armutsgesellschaft, ganz klar“, sagt der Kurator der Ausstellung, Frank Lang. Ökonomischer Zwang habe die Schwaben also zu den sparsamen Menschen gemacht, für die man sie heute hält. Lang leitet daraus auch ihren Hang zu Dingen ab, die wertbeständig sind: Wenn sich Schwaben mal was leisten konnten, sollte es auch möglichst lange halten.

Schwaben können nichts wegwerfen

Die Wurzeln dieser angeblichen Eigenschaft sieht Eberhard Fritz, Leiter des Archivs des Hauses Württemberg in Schloss Altshausen, im Religiösen. So habe die Bescheidenheit des frömmelnden Pietismus ausgestrahlt. Die achtlose Vernichtung von Lebensmitteln galt als moralisch verwerflich. „Religiös betrachtet, veruntreute man damit von Gott gegebenen Segen, aber griff damit auch die eigenen Reserven an“, so Fritz. Die Einstellung habe sich bei vielen im Wohlstand gehalten.

Schwaben sind fleißig

Dass Schwaben mal als ausgesprochen faul galten, wisse man heute eigentlich nicht mehr, sagt Lang. Das Klischee des fleißigen Schwaben habe sich im 19. Jahrhundert festgesetzt. Fleiß sei die Form der Armutsbewältigung gewesen und zu Zeiten der Industrialisierung als Chance für eine ganze Region begriffen worden. Zwar sei der Schwabe heute auch in der Lage sich mal was zu gönnen. „Fleiß ist aber auch heute noch ein Wert, vor allem auf dem Land – etwa in der Landwirtschaft mit Nebenerwerb.“

Schwaben haben eine Putzwut

Dass Schwaben reinlicher sind als andere, möchte Lang bezweifeln. Die sagenumwobene Kehrwoche, also das wöchentliche Straßenfegen im Turnus unter den Mietparteien, sei vermutlich Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommen, als größere Mietshäuser in Stuttgart entstanden. Auf dem Land habe ohnehin jeder vor seiner eigenen Tür gefegt – oder eben nicht. Der Kern der Kehrwoche sei daher vermutlich nicht in der ausgeprägten Reinlichkeit zu suchen, sondern in einem besonderen Gerechtigkeitsempfinden.

Schwaben sind Häuslebauer

Das Lied „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ aus den 60ern machte aus den Schwaben über Nacht ein Volk der Häuslebauer. Dass große Bausparkassen bis heute hier ihren Sitz haben, trug zusätzlich dazu bei. Dabei sagt die Statistik laut Lang etwas anderes: Im Saarland leben 63 Prozent der Menschen in Wohneigentum, in Rheinland-Pfalz 58 Prozent – und in Baden-Württemberg gerade mal 48 Prozent.

Schwaben sind cleverer als andere

Sie können alles. Außer Hochdeutsch: Wenn Weltunternehmen die Erfindungen ihrer Mitarbeiter am Stammsitz Stuttgart anmelden, zeige das letztlich nur das Potenzial der Mitarbeiterschaft, so Lang. „Rückschlüsse auf Wesenszüge der Bevölkerung zu ziehen, ist problematisch.“ (dpa)

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