Tanztheater
Ein besonderer Prinz für Schneewittchen

Das Ballettpodium begeistert im Velodrom mit dem bekannten Märchen. Auf der Bühne steht auch ein junger Syrer.

03.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:52 Uhr
Martina Groh-Schad

Rund 90 Tänzerinnen und Mohamad Akkash begeisterten das Publikum am Samstag mit dem Märchen Schneewittchen. Foto: Martina Groh-Schad

Das Schneewittchen strahlt, als der Prinz sie in die Höhe hebt und sich langsam mit ihr zur Musik im Kreis dreht. Ganz in Weiß schwebt das Paar über die Bühne, tanzt zwischen den Hofdamen und alles sieht kinderleicht aus.

Nur wer vom Fach ist, der weiß, wie viel harte Arbeit bis zur Aufführung hinter den Darstellern liegt. Rund 90 Tänzerinnen und ein junger Mann erzählen auf der Bühne im Velodrom das Märchen vom schönen Schneewittchen, das den Tötungsplänen der bösen Königin entkommt und am Ende den Prinzen heiratet. Dass es für den Prinzen die ersten Schritte auf der Bühne sind, sieht der Laie nicht. Der 29-jährige Mohamad Akkash, genannt Adam, nimmt erst seit sechs Monaten Ballettunterricht. Es ist mehr als Tanztraining: Es ist eine gelungene Integration in Deutschland.

Ballett statt Techno

„Seit ich Ballett mache, will ich nichts anderes mehr tanzen.“Mohamad Akkash, Darsteller des Prinzen

Hilfe konnte Akkash brauchen. Als Rebellen in seine Heimatstadt Damaskus kamen, musste er fliehen und seine Eltern verlassen. „Ich wollte nicht kämpfen“, erklärt er. Seit sechs Jahren hat er seine Eltern nicht mehr gesehen und nur mit ihnen telefoniert. In Deutschland sah er die Chance, sich eine Zukunft aufzubauen.

Gemeinsam mit Knott lernte er Deutsch, schaffte die mittlere Reife und begann eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer. Demnächst will er wieder lernen und Krankenpfleger werden.

Zum Balletttänzer könne man innerhalb eines halben Jahres natürlich nicht werden. „Aber Hebefiguren und einfache Schritte kann man lernen“, sagt Widjaja. „Sie hat mir alles mit viel Geduld beigebracht“, schwärmt Akkash von seiner Lehrerin, die ihn gemeinsam mit dem Tänzer Angel Ureta trainiert hat. Auch von den anderen Tänzerinnen im Alter von 5 bis 29 Jahren ist er begeistert. „Ich wurde so lieb aufgenommen“, sagt er. „Ich musste es schaffen.“

Filmaufnahme für die Eltern

Seine Partnerin Johanna Konz, die bei der Vorstellung am Samstagabend das Schneewittchen tanzte, ist voll des Lobes für den Anfänger. „Ich hatte bei den Hebefiguren keine Angst“, sagt die 16-Jährige, die seit acht Jahren beim Ballettpodium tanzt. „Wir haben oft zusammen trainiert.“ Dass er aus Syrien stammt und als Flüchtling nach Deutschland kam, nahm sie kaum wahr. „Man kann viel Spaß mit ihm haben.“ Das sei für sie und für die anderen Tänzerinnen entscheidend. „Ich denke, die Jüngeren kennen seine Geschichte gar nicht. Wir waren so mit den Proben beschäftigt.“

Für die Rolle des Schneewittchens hat sie in den vergangenen Monaten mehrere Stunden pro Tag trainiert. Auch die anderen Tänzerinnen hätten sehr viel Arbeit in die Proben investiert, um das Stück bei zwei Aufführungen zur Musik von Disney, Offenbach und Nicolás Tomaro auf die Bühne zu bringen, erzählt sie. „Es ist ein aufregender Moment, wenn man dann vor Publikum tanzt. Dafür lohnt sich alles“, erklärt sie. Eine Erfahrung, die nun auch Akkash teilt. „Meine Eltern haben mir zuerst nicht geglaubt, als ich ihnen am Telefon davon berichtete“, erzählt er. „Ich habe doch vorher nie getanzt.“ Von der Aufführung will er ihnen nun eine Filmaufnahme schicken. Seine Ballettlehrerin würde gerne weiter mit ihm arbeiten und auch er hat Lust dazu. Es kann also gut sein, dass es auch im nächsten Jahr bei der Aufführung des Ballettpodiums einen syrischen Prinzen gibt.

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