Vollkommen ruhig hält Anton Eschenwecker sein Gewehr, er fixiert einen bestimmten Punkt am Himmel. Als die erste Taube erscheint, hält er die Flinte blitzschnell auf Anschlag, schon ertönt der Schuss. Er hat getroffen, sein Ziel zerbirst in der Luft und orangefarbene Splitter fliegen auf den Boden.
Anton Eschenwecker ist Tontaubenschütze, sein Spezialgebiet ist der Jagdparcours. Nicht umsonst gilt diese Disziplin als höchste Kunst des Flintenschießens. „Es ist viel spannender und abwechslungsreicher als die anderen Formen des Wurfscheibenschießens“, erklärt Eschenwecker. Ob im Wald zwischen den Bäumen oder in Tälern – die Umgebung ist immer eine andere. Konzentrationsstärke, Reaktionsschnelligkeit, eine perfekte Technik – all das muss der herausragende Parcoursschütze in sich vereinen.
Eschenwecker ist in seiner Disziplin herausragend, vor wenigen Wochen hat er die Deutsche Meisterschaft im Jagdparcours gewonnen. Für den 41-Jährigen der Höhepunkt seiner Sportlaufbahn. Das Schießen ist für ihn nicht nur ein Sport, es ist seine Leidenschaft.
Der Name Eschenwecker ist in Regensburg bekannt. Seit über 50 Jahren gibt es die in Kumpfmühl beheimatete Metzgerei. Anders als die meisten selbstständigen Metzgereibetriebe, haben die Eschenweckers überlebt. Drei Filialen betreiben sie in Regensburg, unter anderem eine am Arnulfsplatz. 2010 hat der älteste Sohn, Anton Eschenwecker Junior, das Ruder übernommen. Wie beim Sport, scheint er auch hier den Riecher für Erfolg zu haben – vom großen Sterben der Metzgereien, geschuldet den billigen Supermarktpreisen, ist er verschont geblieben.
Symbiose aus Sport und Jagd
Für den Metzgermeister und gelernten Koch stand es nie in Frage, in den Familienbetrieb einzusteigen. „Ich bin da einfach hineingewachsen“, erklärt Eschenwecker. Er wohnt in seinem Elternhaus in der Karthauserstraße. Im Erdgeschoss ist die Metzgerei. Die Eltern leben auf ihrem Anwesen am Sinzinger Golfplatz, sind aber immer noch regelmäßig im Geschäft anzutreffen. Alle Produkte werden in Kumpfmühl hergestellt, im Kühlraum hängen derzeit von Eschenwecker höchstpersönlich geschossene Wildschweine.
Jede freie Minute auf dem Trainingsplatz
„Mit 18 habe ich meinen Jagdschein gemacht, dadurch habe ich auch das Tontaubenschießen für mich entdeckt“, erzählt er.
Noch mehr Zeit als auf dem Trainingsplatz bei Bad Abbach verbringt er auf der Jagd. „Jede freie Minute bin ich draußen, gleich nach der Arbeit geht es los“, berichtet der 41-Jährige. Für ihn gehen Jagd und Sport eine Symbiose ein, der Sport ist für seinen jagdlichen Erfolg essenziell und umgekehrt. Seine Reaktionen seien besser als die vieler Jagdkollegen, gibt er zu. Auch sein Beruf bringe Vorteile für die Jagd mit sich, so sei er beim Zerlegen und Ausnehmen der Tiere wesentlich schneller als andere.
Anton Eschenweckers Augen leuchten, wenn er vom Schießen spricht, die gestikulierenden Hände verraten seine Begeisterung für den Sport. „Ein Durchgang läuft so ab, dass wir auf eine festgelegte Anzahl von Scheiben schießen, meist fünf oder acht. Bevor es losgeht, wird innerhalb weniger Sekunden die Flugbahn einer jeden Taube angezeigt“, erklärt er. Es gilt, die unterschiedlichen Flugbahnen der Tauben im Gedächtnis zu behalten, das ist die große Kunst. Auch Fluggeschwindigkeit und Entfernung variieren.
„Der Jagdparcours ist in erster Linie ein mentaler Sport, ab einem gewissen Punkt findet alles im Kopf statt“, verrät Eschenwecker. Schon lange ist er im Schützensport erfolgreich, seinen größten Triumph hat er jetzt, nach über 22 Jahren auf Hochsitz und Schießplatz, erlebt. Mit 40 Jahren ist in den meisten Sportarten der Leistungszenit überschritten, man wird von der jungen Konkurrenz verdrängt. Das gilt nicht für den Schützensport, wie Eschenwecker eindrucksvoll bewies. 185 von 200 Tauben hat er bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Dornsberg am Bodensee getroffen, mehr als seine Konkurrenten. Zwei Tage dauerte der am 22. August beginnende Wettkampf, zu dem ihn seine Freundin begleitete.
Doch warum musste er so lange auf diesen Titel warten? „An so einem Tag muss einfach alles stimmen“, so Eschenwecker. „Die Guten müssen etwas schwächer sein, man selbst umso konzentrierter.“ Er ist jemand, der den Wettkampf sucht, er braucht den Druck, den Kick. „Nervosität und Aufregung sind wichtig für den Erfolg“, erklärt der 41-Jährige. Was ihm im Training unmöglich erscheint, gelingt ihm im Wettkampf.
Er sollte Reiter werden
Das Sportgen liegt in der Familie, beide Eltern waren passionierte Turnierreiter. Sein Vater wollte deswegen auf keinen Fall, dass sein Sohn – wie der Großvater Toni Pusel – Jäger wird. „Eigentlich wollte ich meinen Jagdschein schon mit 16 machen, das hat er mir nicht erlaubt“, erinnert sich Eschenwecker.
Sein Vater habe sich gewünscht, dass sein Ältester in den Familiensport mit einsteigt, anders als beim Geschäft konnte er ihn davon nicht überzeugen. Reiten hat Anton Eschenwecker aber gelernt, was ihm auf einigen seiner jährlichen Jagdurlaube, wie einem Abenteuerritt über die Gipfel Kirgisistans auf 4000 Meter Höhe, zugute kam.
Zum Sieg hat ihn letztlich sein unermüdlicher Ehrgeiz getrieben. Trifft er beim Training erst beim zweiten Schuss, verzieht sich sein Gesicht schmerzlich, verfehlt er die Scheibe ganz, entfährt ihm ein Wutschrei. Beinahe ehrfürchtig beobachten ihn die anderen Schützen, sie kennen ihn alle, „den Meister“. Sein Pulver hat Anton Eschenwecker jedenfalls noch lange nicht verschossen. „Zur Zeit läuft es einfach“, sagt er.
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