Aktion
Ein Star-Koch in der Hochschulmensa

Bis Donnerstag bereitet Kevin von Holt für die Regensburger Studenten täglich ein besonderes Gericht zu – inspiriert von Szenelokalen aus ganz Deutschland.

03.12.2012 | Stand 16.09.2023, 21:03 Uhr
Louisa Knobloch

Kevin von Holt salzt seinen Reissalat – bei so großen Mengen ist das richtige Abschmecken nicht einfach. Foto: Knobloch

80 Kilogramm gekochten Reis umzurühren, ist ganz schön anstrengend. Die meiste Arbeit erledigt zwar das riesige elektrische Rührgerät, aber Kevin von Holt muss nachhelfen. Mit beiden Händen umklammert der Koch aus Hamburg einen Pfannenwender aus Metall – auch dieses Gerät ist deutlich größer, als man es aus der heimischen Küche kennt. Zum Reis gibt von Holt eine ganze Schüssel gehackte Petersilie, eine Wanne Ananas, mehrere Handvoll Rosinen und kräftig Salz.

„Warmer Indischer Reissalat mit Ingwer-Hackbällchen“ steht am Montag auf der Speisekarte der Regensburger Hochschulmensa. Es ist das erste von vier Aktionsgerichten, die Kevin von Holt diese Woche gemeinsam mit Mensa-Chefkoch Andreas Riedl und seinem Team zubereitet. Die Hochschule Regensburg ist eine von zehn Stationen der „Telekom Campus Cooking Tour“ in diesem Wintersemester. An fünf Hochschulen schwingt Kevin von Holt den Kochlöffel, an den übrigen sein Kollege Stefan Wiertz.

Das Abschmecken ist eine Kunst

Noch fehlt dem Reissalat die orientalische Würze. Dafür hat der Koch in einer großen viereckigen Kipppfanne rote Zwiebeln, Knoblauch und Apfelwürfel in Olivenöl angeschwitzt, das Ganze mit Curry, Garam Masala und Ras el-Hanout gewürzt und mit Apfelsaft und Apfelessig abgelöscht. Diese aromagebende Paste mischt Kevin von Holt nun ebenfalls unter den Reis.

Mit einem Löffel probiert der Koch den Reissalat: „Ein bisschen Salz fehlt noch.“ Also nachwürzen und nochmals rühren. Essen in Mensa-kompatiblen Mengen richtig abzuschmecken, ist gar nicht so einfach. „Bei meiner ersten Campus Cooking Tour war das für mich auch ein Problem“, erzählt Kevin von Holt. In der Freiburger Unimensa bereitete er damals Hühnerfrikassee zu – und zwar 1,2 Tonnen. 2500 Essen gingen über die Theke. Heute, bei seiner dritten Campus Cooking Tour, bringt das Würzen den Koch nicht mehr aus der Ruhe.

Die Gerichte, die unter dem Motto „Ganz nach eurem Geschmack“ in den Hochschulmensen serviert werden, kreieren die von Holt und Wiertz zusammen mit Küchenchefs von Szenelokalen aus ganz Deutschland. Der indische Reissalat ist beispielsweise vom „Lando Streetfood“ in Stuttgart inspiriert. Kevin von Holt hofft, dass die Aktion auch in den Köpfen etwas bewegt: „Die Preissensibilität ist bei Studenten sehr hoch“, sagt er. Gutes Essen und gute Produkte seien aber wichtig und würden auch Geld kosten. „Gerade in der Lernphase sollte man sich gesund und ausgewogen ernähren – nicht nur von Pommes.“

„Der Koch darf gern öfter kommen“

Im Mensa-Alltag sind Currywurst, Hamburger und Döner aber nach wie vor der Renner, bestätigt Mensa-Chefkoch Andreas Riedl. 2500 Essen werden pro Tag in der Hochschul-Mensa ausgegeben, aufgeteilt auf drei Gerichte. Der indische Reissalat konkurriert am Montag in der Gunst der Mensa-Besucher mit Chicken Niks mit Salsa Mexikana und Twister-Kartoffeln. „Ich denke aber, dass die orientalische Küche bei den jungen Leuten gut ankommt“, sagt Riedl. Die Mensa bietet täglich auch ein vegetarisches oder veganes Gericht an – heute kleine Pellkartoffeln mit Kräuterquark. „Vor allem bei den veganenen Gerichten wollen wir den Absatz noch steigern“, sagt Riedl.

Mittlerweile naht die Essenszeit. Von 11 bis 14.15 Uhr hat die Mensa mittags geöffnet. Die ersten Studenten und Hochschul-Angestellte stehen schon Schlange, während die Mensa-Mitarbeiter das Essen an die Theke bringen und beginnen, Teller und Suppenschalen zu füllen. Kevin von Holt hat Unterstützung bekommen: Marion Bleicher, Azubi im zweiten Lehrjahr, geht dem Star-Koch bei der Essensausgabe zur Hand. Sie schöpft mit einer Kelle den Reissalat auf die Teller, er verteilt die Hackbällchen und die Kokos-Rahmsauce darauf.

„Hier gibt es das Campus-Cooking-Gericht“, preist Kevin von Holt sein Essen bei den Studenten an, die ihr Tablett an seiner Theke vorbeischieben. Manche greifen gezielt zu dem Aktionsgericht für 2,10 Euro, andere sind erst mal skeptisch. „Was ist denn das?“, fragt ein Student. Der Koch nutzt die kurzen Augenblicke, um sich mit den Studenten zu unterhalten, nach Studienfächern oder Essensvorlieben zu fragen. „Wo haben Sie denn Ihr Restaurant?“, will ein Student wissen. „In Hamburg“, sagt von Holt, „komm mich mal besuchen.“

Christian, Sebastian und Daniel haben sich bewusst für den indischen Reissalat entschieden. „Ich wollte mal was von einem Star-Koch probieren“, sagt Christian. „War der das wirklich selber an der Theke?“, fragt sich Sebastian. Normalerweise essen die jungen Männer in der Mensa am liebsten Currywurst oder Schnitzel mit Pommes. Der Reissalat schmeckt ihnen aber auch. Fazit: „Der Koch darf gerne öfter kommen!“ Ein paar Tische weiter sitzen Christiane und Judita. Von allen Gerichten heute habe der Reissalat am besten ausgeschaut, finden sie. Auch sonst greifen die Studentinnen in der Mensa gerne zu gesunden Gerichten.

Simon und Sven haben dagegen den Chicken Niks den Vorzug gegeben. Beim Blättern im Aktions-Flyer werden sie aber fündig: Am Dienstag steht Currywurst mit Chili con Carne und Counry-Potatoes auf dem Speiseplan, am Mittwoch Gewürz-lackierte Entenbrust mit Knödel. „Das hört sich schon gut an“, findet Simon. Dass die Entenbrust für Studenten 5,20 Euro kostet – für Mensaverhältnisse recht teuer – stört ihn nicht. „Wenn es gut ausschaut und qualitativ hochwertig ist, würde ich das auch bezahlen.“

Platz zwei hinter den Chicken Niks

Kevin von Holt ist immer noch dabei, seinen Reissalat an die Mensa-Gäste auszugeben. Eine junge Frau muss er erst überzeugen: „Was, wenn es mir nicht schmeckt?“, fragt sie skeptisch. Eine unbegründete Sorge, wie sich herausstellt – kurze Zeit später taucht sie noch einmal an der Theke auf und lächelt: „Es hat geschmeckt!“

Rund 600 Mal geht der Reissalat am Ende über den Tresen – damit liegt er zwar hinter den Chicken Niks (1050 Mal), aber noch vor dem vegetarischen Essen (300 Mal) und dem ebenfalls angebotenen Jägerschnitzel mit Nudeln (150 Mal). „Er ist so angekommen, wie wir es eingeplant hatten“, zieht Mensa-Chefkoch Andreas Riedl Bilanz.

Die Aktion findet er gut, weil sie Abwechslung auf den Speiseplan bringt und er und sein Team Anregungen bekommen: „Als Koch lernt man nie aus.“ Die Zusammenarbeit mit dem Star-Koch sei sehr angenehm und kollegial, so Riedl. Auch Kevin von Holt macht das Projekt Spaß: „Man kommt mit jungen Menschen zusammen und kann sich mit den Köchen vor Ort austauschen.“ Und die Currywurst vom Star-Koch, die am Dienstag serviert wird, verspricht, ein echter Renner zu werden.