Die Stärkung der ländlichen Region... Ein Schlagwort, das heutzutage in aller (Politiker)Munde ist, ist ganz eng verbunden mit derHundeschule in Herzogau. Statt an den „alten Standorten“ Nürnberg oder Dachau sollte eine zentrale Einrichtung nach Beschluss des Ministeriums eben in dem Waldmünchener Ortsteil angesiedelt werden – auch, um Ende der 1990er Jahre einem Kompetenzgerangel entgegen zu wirken. So nahm die Zentrale Diensthundeschule (ZDHS) am 1. September 2000 ihren Betrieb auf. Dieses 15-jährige Bestehen nehmen die Verantwortlichen zum Anlass, am 22. September Blicke hinter die Kulissen zu erlauben. Am Tag der Offenen Tür gibt es Rundgänge durch das knapp 100 Jahre alte Gebäude, Polizisten und Vierbeiner werden zeigen, was ihre Aufgaben sind und wie sie diese bewältigen.
„Was diese Mauern erzählen könnten...“, sagt Wolfgang Karl, der stellvertretende Leiter. Der Erste Polizeihauptkommissar hat sich in Vorbereitung auf das Jubiläum mit der Geschichte des Hauses befasst. „Je mehr ich mich beschäftige, desto mehr bin ich fasziniert“, gibt er zu. Schon das erste Kapitel wartet mit überraschenden Wendungen auf. Denn ursprünglich sollte an der Stelle, an der nun Jahr für Jahr etwa 60 neue Polizeihundeführer ausgebildet werden, ein Hotel entstehen.
Baron Karl von Voithenberg plante den Bau 1926, starb aber vor Fertigstellung. Nach der Weltwirtschaftskrise dauerte es bis 1935, ehe sich ein neuer Interessent fand: Die Selbsthilfegruppe GBH, ein Parteiorgan der NSDAP. In einem für die damalige Zeit hervorragenden Standard wurde das Haus für den Gauleiter Ostmark und als Erholungsheim für verdiente Parteioffiziere fertiggestellt. Es erhielt einen Anbau sowie ein Freibad, der Gesamtkomplex wurde 1938 eingeweiht.
„Ein Anziehungspunkt“
Kurz vor Ablauf des Pachtvertrags kam der Zufall ins Spiel: Die Polizei suchte Standorte, in Waldmünchen verfügte man über gute Kontakte ins Innenministerium. 1973 ging das Erholungsheim in die Hand der Polizei über, ein Jahr später wurden die ersten Altanwärterlehrgänge – ein Quereinstieg für Spätberufene – angeboten. Erster Schulleiter wurde 1976 Ernst Köppel, der das Haus bis 1990 führte. Ende der 1980er Jahre wurde das Bad stillgelegt, der Sanierungsbedarf erschien mit rund 300 000 Mark ungerechtfertigt hoch.
Ab Mitte der 1980er Jahre wurde das Haus in Herzogau dem Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei in Ainring zugeordnet, die Altanwärterausbildung lief aus. Es folgte eine Zeit der Aus- und Weiterbildungen, der Seminare und Dienstgruppenleitertrainings und Führungsleiterlehrgänge. Stets waren um die 60 Teilnehmer im Haus, stets waren die Angebote gut gebucht. Allerdings machte sich zunehmend Unmut über den Komfort breit – unter anderem befanden sich die Duschen im Keller. 1997/1998 wurde ein Umbau diskutiert. Überrollt wurden diese Überlegungen von der Entscheidung, die Diensthundeschule nach Herzogau zu verlegen. Als Folge dieser Entwicklung mussten 1999 erst einmal 40 Zwinger und Ausbildungsplätze errichtet werden. Bis zum Jahr 2007 lief alles seinen geregelten Gang, dann geriet die Schule bundesweit in die Schlagzeilen. In anonymen Briefen wurden schwere Anschuldigungen erhoben, die Ausbildungsmängel waren noch das Harmloseste.
Ermittlungsverfahren eingestellt
„Der Schlag kam aus dem Nichts“, erinnert sich Wolfgang Karl, als auf einmal sexuelle Übergriffe auf Beamtinnen, Exzesse, fragwürdige Aufnahmerituale und nicht jugendfreie Spielchen im Raum standen. 25 Frauen wurden von der Staatsanwaltschaft befragt, nach weniger als drei Wochen wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt, berichtet Karl. „Da war nichts!“, sagt er mit tiefer Überzeugung –Karl war auch zu dieser Zeit bereits an der Hundeschule.
Kein Schaden ohne Nutzen: Die Aufarbeitung des Skandals, wie viele Zeitungen damals titelten, hatte die Renovierungsbedürftigkeit des Gebäudes wieder ins Rampenlicht gerückt. Innerhalb von drei Monaten war der Beschluss durch, im April 2008 begannen die Sanierungsmaßnahmen. Mehr noch: Bei den Arbeiten wurde sehr hoher Standard angelegt. Neben 50 Einzelzimmern mit eigenem Bad und Fernseher gibt es eine Sauna und einen Kraftraum.
Dabei beschreibt der Beamte den Schritt, sich für die Laufbahn als Hundeführer zu entscheiden, als großen. „Man muss wissen, dass man das persönliche Leben umkrempeln muss“, stellt der Hauptkommissar klar. Denn die Diensthunde sind weit mehr als „nur“ dies. Sie sind Kollegen auf vier Pfoten, Herr und Hund sind auch nach Dienstschluss miteinander verbunden – die Vierbeiner sind schließlich Familienmitglieder.
Zu den Kommentaren