Berufe-Serie
Eine Altenpflegerin mit Feingefühl

Für Vanessa Koschella aus Neumarkt ist klar: Vertrauen ist die wichtigste Voraussetzung, um jemanden zu pflegen.

01.01.2015 | Stand 16.09.2023, 6:55 Uhr
Claudia Pollok
Altenpflegerin Vanessa Koschella setzt Babette Mößel nach dem Essen behutsam in ihren Sessel. −Foto: Pollok

Vanessa Koschella hilft Babette Mößel nach dem Essen beim Aufstehen. Als die junge Frau der Seniorin den Rollator reicht, berühren sich ihre Hände. „Sie haben heute aber kalte Hände Frau Mößel. Wie geht’s Ihnen?“ Die alte Dame lächelt: „Gut, gut. Kalte Hände, Froschnatur von der Liebe keine Spur! Kennst Du den Spruch?“ Beide lachen. Hand in Hand gehen die zwei durch den Flur des evangelischen Alten- und Pflegeheims in der Seelstraße. Vanessa Koschella bringt Babette Mößel nach dem Mittagessen in ihr Zimmer und setzt sie mit behutsamen Bewegungen in ihren Sessel.

Für die junge Altenpflegerin ist klar: Wer Menschen pflegt, muss zuerst Vertrauen zu ihnen aufbauen. „Das ist gerade in den ersten Tagen im Altenheim wichtig“, erklärt Koschella. Jeder neue Bewohner bekommt im Martin-Schalling-Haus zuerst einen festen Ansprechpartner. Dieser stellt ihm dann nach und nach alle anderen Kollegen vor.

Eine bewusste Entscheidung

Vanessa Koschella und Babette Mößel kennen sich jetzt schon ein paar Jahre. Die Altenpflegerin arbeitet seit 2010 im Seniorenheim. Die Seniorin plaudert gern mit der jungen Frau. „Das auf dem Foto sind meine Eltern“, erzählt sie ihr und zeigt auf ein Bild an der Wand. Vanessa Koschella hat sich nach Praktika im Krankenhaus und Seniorenheim ganz bewusst für die Pflege von alten Menschen entschieden: „Hier kann ich den Menschen länger zur Seite stehen, als es im Klinikum möglich gewesen wäre.“

Vanessa Koschella arbeitet im Seniorenheim in drei Schichten. Während des Tages gehören vor allem die Grundpflege und Behandlungen zu ihren Aufgaben. Sie wäscht und zieht die Bewohner an, begleitet sie auf die Toilette, versorgt Wunden, misst den Blutdruck oder Blutzuckerspiegel und gibt ihnen ihre Medikamente. Dazwischen spricht sie mit Ärzten und Angehörigen über die Bewohner: „Es braucht Feingefühl, um zu entscheiden, wie es einem Bewohner geht, ob er ins Krankenhaus muss oder nicht.“

Balance zwischen Nähe und Distanz

„Während der dreijährigen Ausbildung bekommt man aber langsam ein Gespür dafür“, sagt Koschella. Das sei wichtig. Denn später müsse ein Altenpfleger sehr selbstständig arbeiten. „In der Nachtschicht ist oft nur eine Fachkraft vor Ort.“ In der Ausbildung wird den Lehrlingen deswegen auch viel medizinisches Wissen vermittelt. Die Azubis besuchen die Schule in Blockkursen. Im zweiten Lehrjahr besteht die Ausbildung sogar vermehrt aus Unterricht.

Nachdem Koschella ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, ließ sie sich zur Mentorin ausbilden. Das ist eine Zusatzqualifikation, mit der sie nun selbst die neuen Auszubildenden im Martin-Schalling-Haus anlernen darf. Einer ihrer Schützlinge ist Michaela Ott. „Ich bin froh darüber, im Alltag eine Ansprechpartnerin wie Vanessa zu haben“, sagt sie über ihre Mentorin.

Koschella hilft ihren Kollegen gern, denn sie weiß, dass die Arbeit im Altenheim nicht immer einfach ist – zum Beispiel dann, wenn ein Bewohner stirbt. „Wir lernen in der Ausbildung damit umzugehen. Die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz spielt dabei eine große Rolle“, erklärt die Altenpflegerin.

Auch auf andere Notsituationen werden die neuen Mitarbeiter in der Ausbildung vorbereitet. „Wenn Bewohner weglaufen, oder stürzen, wissen wir, was wir tun müssen“, sagt Koschella. Sie hat aber auch gelernt, nach der Arbeit abzuschalten. Wenn es mal einem Bewohner sehr schlecht geht oder er ins Krankenhaus musste, denkt sie aber trotzdem manchmal zu Hause über ihn nach. Aber das ist eigentlich ganz normal, sagt sie. Schließlich hinterlassen Altenpfleger Menschen, wenn sie Feierabend haben und nicht nur ein leeres Büro oder eine Fabrikhalle.

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