Gesundheit
Erstes Geburtshaus muss im Mai schließen

Die finanzielle Lage für Geburtshelferinnen hat sich verschlechtert. Die Hebammen von der Neumarkter Praxis „Mamamia“ bekommen die Folgen zu spüren.

03.03.2014 | Stand 16.09.2023, 7:21 Uhr
Bettina Griesbeck

Astrid Giesen, Vorsitzende des Bayerischen Hebammen-Landesverbands, ruft die Politiker zum Handeln auf. Foto: Giesen

Mit der Hebammenpraxis „Mamamia“ in Neumarkt hatten sich drei freiberufliche Hebammen gerade erst neben ihrem Geburtshaus in Altdorf ein zweites Standbein geschaffen. Zum 1. Mai müssen sie ihr Geburtshaus schließen. Die deutschlandweite finanzielle Notsituation der Hebammen zwingt Melanie Fuchs, Astrid Dietz und Micha Tabor zu diesem Schritt. Bei geringem Verdienst und ansteigenden Beiträgen für die Berufshaftpflichtversicherung wäre das Geburtshaus nur mit 50 bis 60 Geburten pro Jahr zu halten gewesen. „Aber so viele Kinder kommen in Altdorf nicht zur Welt“, erklärt Fuchs.

Für Fuchs und viele ihrer Kolleginnen sei die Arbeit mittlerweile zum Draufzahlgeschäft geworden. „Die Krankenkasse zahlt für einen Hausbesuch 30 Euro – wir können 30 Minuten arbeiten, weil wir davon alle Sozialversicherungsbeiträge plus Haftpflichtversicherung zahlen müssen. Das schafft man niemals, da bleibt keine Zeit für Fragen oder Gespräche.“ Das Gespür für die Mutter als Mensch gehe durch Zeit- und finanziellen Druck verloren, befürchtet Fuchs.

Die Politik ist am Zug

Die Nürnberger Versicherung ist als einer der drei letzten Anbieter der Berufshaftpflicht für Hebammen auf dem deutschen Markt ausgestiegen. Die Lage hat sich nun weiter zugespitzt. „Zum 1. Juli 2015 ziehen wir uns aus diesem Geschäftsfeld zurück“, bestätigt Matthias Schenk von der Pressestelle der Nürnberger Versicherung. Viele Hebammen befürchten wegen der Beitragssteigerung zum Juli 2014, ihren Beruf ganz aufgeben zu müssen. „Die Situation ist für uns eine Katastrophe“, sagt Fuchs.

Die Vorsitzende desBayerischen Hebammen-Landesverbandsin Regensburg, Astrid Giesen, ist im Moment dagegen vorsichtig optimistisch. Vergangene Woche habe ein erstes Treffen mit dem neuen Gesundheitsminister Hermann Gröhe stattgefunden. „Wir haben das Gefühl, jetzt endlich gehört zu werden“, sagt Giesen. Dass etwas getan werden muss, sei jetzt hoffentlich im Bewusstsein der Politiker angekommen.

Geburtshaus schließt

Susanne Wackers von der Pressestelle des Gesundheitsministeriums in Berlin teilte mit, dass das Gespräch mit Gesundheitsminister Gröhe „konstruktiv und zielführend verlaufen sei“. Der Koalitionsvertrag solle umgesetzt werden. Darin sei festgelegt, dass eine flächendeckende Versorgung im Bereich der Geburtshilfe sicherzustellen ist und für eine angemessene Vergütung der Hebammen Sorge getragen wird, sagt Wackers.

Für die Mütter in Altdorf und Umgebung bringt diese Zukunftsmusik allerdings nichts mehr – ab Mai wird es das Geburtshaus der freiberuflichen Hebammen nicht mehr geben. Um ihre Kinder zur Welt zu bringen, müssen die Mütter jetzt einen weiteren Weg bis zum nächsten Klinikum oder Geburtshaus auf sich nehmen. Ihre Hebammenpraxis werden die drei Geburtshelferinnen weiterbetreiben. Fuchs hofft, dass „sich die Lage für die Hebammen bald bessern wird – jetzt ist die Politik am Zug“.