Justiz
Freiheitsstrafe für Attest-Fälscher

Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte eine ärztliche Bescheinigung manipuliert hatte. Er muss nun für sechs Monate in Haft

15.01.2013 | Stand 16.09.2023, 21:02 Uhr

Weil er nicht zu einer Trainingsmaßnahme des Jobcenters wollte, fälschte er ein ärztliches Attest. Der Richter verhängte deshalb gegen den Angeklagten eine sechsmonatige Freiheitsstrafe. Foto: dpa

Ein kaufmännischer Angestellter (35) aus dem Altlandkreis Kötzting hatte am 7. Februar 2012 einem Dienstleistungsunternehmen in Cham eine Bescheinigung seiner Hausärztin vorgelegt, worin dem Angestellten eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 6. Februar bis 8. März 2012 attestiert war. Der Sachbearbeiterin in dem Unternehmen fiel aber sofort auf, dass auf der maschinell erstellten Bescheinigung eine handschriftliche Veränderung vorgenommen worden war. Ganz offensichtlich war ursprünglich der 8. Februar 2012 als Ende der Krankheitsdauer aufgedruckt gewesen, später handschriftlich auf den 8. März 2012 abgeändert und damit die Arbeitsunfähigkeit um genau ein Monat verlängert worden.

Sachbearbeiterin aufmerksam

Die Sachbearbeiterin erkundigte sich telefonisch bei der Arztpraxis, ob die Veränderung dort vorgenommen worden sei, was verneint wurde. Das Chamer Dienstleistungsunternehmen führt im Auftrag des Job-Centers u.a. auch Trainingsmaßnahmen zur Wiedereingliederung Arbeitsloser in das Arbeitsleben durch. An einer solchen Maßnahme hätte der damals arbeitslose Angestellte ab 7. Februar 2012 teilnehmen müssen, um nicht eine erhebliche Kürzung seines Arbeitslosengeldes zu riskieren. Die Sachbearbeiterin des Unternehmens informierte deshalb ihren Kollegen vom Job-Center, teilte diesem ihren Fälschungsverdacht und die Auskunft der Arztpraxis mit und übergab auch die fragliche ärztliche Bescheinigung.

Auch beim Job-Center ging man von einer Fälschung aus und erstattete Strafanzeige, aufgrund deren der kaufmännische Angestellte nun als Angeklagter vor Gericht zu erscheinen hatte. Urkundenfälschung warf ihm der Staatsanwalt vor, weil er zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde gebraucht habe.

Der Angeklagte ließ sich nicht zur Sache ein und seine Pflichtverteidigerin widersetzte sich der Einvernahme der Ärztin des Angeklagten, weil sie von diesem nicht von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden worden sei. Aus gleichem Grund, so die Verteidigerin, dürften auch die Auskünfte der Arztpraxis gegenüber dem ermittelnden Polizeibeamten und der Sachbearbeiterin des Dienstleistungsunternehmens nicht verwertet werden.

Richter Steffen Kramer wies die Verteidigerin darauf hin, dass es allein um die Frage gehe, ob das dem Gericht vorliegende Attest so von der Ärztin ausgestellt worden sei oder nicht. Das Attest falle deshalb nicht unter die im Paragraf 53 der Strafprozessordnung besonders geschützten Patientendaten. Daraufhin erklärte die Ärztin in ihrer Zeugeneinvernahme, dass Atteste und Bescheinigungen in ihrer Praxis grundsätzlich über den Computer maschinell ausgedruckt würden.

Es komme hin und wieder schon vor, dass ein ausgedrucktes Attest handschriftlich von ihr abgeändert werde. Die Abänderung werde aber dann von ihr nochmals mit ihrem Namenszeichen und dem Praxisstempel zur Kenntlichmachung versehen. Sie könne aber auch nicht vollkommen ausschließen, dass sie dieses Namenszeichen nicht doch einmal vergesse.

Auf diese äußerste Eventualität stützte sich anschließend die Verteidigerin, die, im Zweifel für den Angeklagten, einen Freispruch beantragte.

Zuvor hatte der Arbeitsvermittler des Jobcenters als Zeuge berichtet, dass der Angeklagte in einem Beratungsgespräch sich etwas unwillig über seine Verpflichtung zur Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme gezeigt habe, weil er lieber als Pferdetrainer vermittelt werden wollte. Zudem habe er bereits einmal eine Trainingsmaßnahme schuldhaft versäumt.

Einträge in der Vorstrafenliste

Nachteilig für den Angeklagten sollten sich seine Einträge in der Vorstrafenliste auswirken. Sieben Einträge finden sich dort, drei davon wegen Betrugs, einer wegen Urkundenfälschung. Im Dezember 2009 wurde er wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu acht Monaten und zwei Wochen Bewährungsstrafe verurteilt. Diese Bewährungszeit läuft bis Dezember 2014. Unter Berücksichtigung dieser Vorstrafen beantragte der Staatsanwalt deshalb nun eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung, ein Antrag, dem auch Richter Steffen Kramer in seinem Urteil voll entsprach. (cog)