Kilometergeld
Gute Nachrichten für Bauarbeiter: Die Fahrt zur Baustelle wird jetzt entlohnt

22.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:30 Uhr
Bevor sie auf der Baustelle sind, haben Bauarbeiter schon viel Zeit auf dem Asphalt gelassen. −Foto: Alireza Khalili

Der Lohnzettel für Bauarbeiter im Kreis Neumarkt sieht diesmal in einem entscheidenden Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben.



„Das ist eine Premiere für den Bau: Endlich gibt es eine Entschädigung für die Fahrstrecken und damit vor allem für die vielen Stunden, die Maurer, Betonbauer, Kranführer & Co. Monat für Monat auf der Straße unterwegs sind“, sagt Manfred Götz, stellvertretender Bezirksvorsitzender der IG Bau Oberpfalz.

Bauarbeiter fuhren bislang für lau zur Baustelle

Denn bislang hat ein Großteil der Bauarbeiter zum Null-Tarif Zeit investiert, um zu den Baustellen zu kommen. „Die meisten Bauarbeiter haben ihre Zeit für die Fahrten zur Baustelle dem Chef einfach geschenkt“, sagt Götz. Für ihn ist die Entschädigung der Wegezeit „ein wichtiger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attraktiver und gleichzeitig auch gerechter zu machen“.

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Immerhin seien die Strecken, die Bauarbeiter auf ihrem Weg zu den Baustellen zurücklegen, enorm, heißt es in der Mitteilung der IG Bau Oberpfalz. Sie hat die Fahrstrecken nach eigenen Angaben beim Pestel-Institut in Hannover) untersuchen lassen. Demnach seien rund 3940 Bauarbeiter – und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche – im Landkreis Neumarkt an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen.

Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 58 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf rund 91,7 Millionen Baustellen-Kilometer im Jahr. „Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus dem Landkreis Neumarkt damit rund 2288 Mal um die Erde. Klar, mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt“, sagt Götz.

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Bei der Untersuchung seien laut Pestel-Institut für die Mobilität von Baubeschäftigten relevante Faktoren wie die Siedlungsdichte berücksichtigt. „Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel Extra-Zeit am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt, der im IG Bau-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig ist.

Die Fahrten zu den Baustellen seien „echte Zeitfresser“. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit am Tariftisch durchzusetzen. „Die Arbeitgeber haben sich jahrelang dagegen gesträubt“, sagt Burckhardt.

Sechs bis acht Euro pro Tag für Fahrten zur Baustelle

Die Zeiten, in denen Fahrstrecken von Bauarbeitern einfach unter den Teppich gekehrt wurden, seien jetzt allerdings endgültig vorbei: Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt – je nach Kilometern – zwischen sechs und acht Euro pro Tag.

Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es eine Erstattung. Wer auf Montage sei und nicht jeden Tag nach Hause fahren könne, bekomme – abhängig von der Strecke – zwischen 18 und 78 Euro pro Woche, sagt Burckhardt.