Fahndung
Hanauer-Gold ist immer noch verschwunden

Foltervorwürfe, ein Gangster-Rapper als Tatverdächtiger und eine Millionenbeute – der Prozess um den Überfall auf den Werttransporter ist filmreif.

26.08.2011 | Stand 16.09.2023, 21:06 Uhr

Neumarkt/Stuttgart.Der 32. Verhandlungstag hatte im Mai eine spektakuläre Wende im Goldraub-Prozess gebracht: Gangster-Rapper „Xatar“ hatte über seinen Anwalt Malte Höch ein Geständnis verlesen lassen. Seitdem haben weitere Verhandlungstage stattgefunden, um den Raubüberfall auf den Werttransporter der Neumarkter Firma Hanauer aufzuklären und die Täter zu überführen.

Seit dem 4. August hat das Landgericht Stuttgart eine Pause eingelegt – am 30. August geht es laut einem Justizsprecher weiter. Weitere Termine seien noch bis 22. Dezember anberaumt, erklärte er auf Nachfrage des Tagblatts. Ob sie noch alle benötigt werden, wird sich zeigen, denn das Gericht steckt nach wie vor in der aufwendigen Beweisaufnahme. Und: Bislang fehlt jede Spur des gestohlenen Goldes, das einen Wert von rund 1,8 Millionen Euro besitzt.

Zweidrittel bis Dreiviertel der Arbeit sei geleistet, so der Pressesprecher des Landgerichts weiter. Momentan würden vor allem Ermittlungsbeamte als Zeugen vernommen. Es gehe unter anderem um die Auswertung der Daten aus der Telefonüberwachung. Unterdessen sitzt Giwar H. – so heißt der aus Bonn stammende Musiker mit bürgerlichem Namen – im baden-württembergischen Ellwangen in Untersuchungshaft.

Bei den jüngsten Verhandlungen war auch wieder das Thema Folter aufgekommen. Bereits zu Prozessauftakt vor neun Monaten hatte die Verteidigung vorgebracht, dass drei der fünf Angeklagten in einem irakischen Gefängnis gefoltert worden seien. Nach dem Überfall im Dezember 2009 auf der A81 bei Ludwigsburg hatten sie sich in den Irak geflüchtet. Doch umsonst: Deutsche Zielfahnder spürten sie auf und die irakische Polizei nahm den Rapper und zwei mutmaßliche Komplizen fest.

Während der zweieinhalb Monate im irakischen Gefängnis seien sie gefoltert worden – unter anderem durch Schlafentzug, stundenlanges Stehen sowie Verletzungen an intimen Körperregionen, sagten die drei Männer aus. Details wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gericht erörtert.

Neumarkt/Stuttgart.Hintergrund sei wohl gewesen, dass die irakische Polizei herausfinden wollte, wo sich die 120 Kilo Gold befinden. Als Beweis legte die Verteidigung ein Video von der Übergabe der Drei an deutsche Fahnder vor – ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dieses zeige, wie erleichtert die Drei gewesen seien und dass sie offensichtlich Verletzungen an Händen und Füßen davongetragen hätten.

Die Staatsanwaltschaft jedoch war der Ansicht, das Video habe „gesund aussehende Gefangene“ gezeigt und beurteilte es als „unspektakulär“. Dennoch wird die Haftzeit im Irak auf die zu erwartende Haft angerechnet, Prozessbeobachtern zufolge im Verhältnis eins zu vier. Das heißt, für die zweieinhalb Monate Haft im Irak könnten bei einer Verurteilung zehn Monate in Deutschland angerechnet werden.

Positiv auf ein Urteil auswirken werden sich sicherlich auch die Aussagen von drei der fünf Angeklagten. Details zum Tathergang hatte jedoch nur Rapper „Xatar“ mitgeteilt. 25000 Euro soll er für seine Mithilfe bekommen haben – Geld, das er gut für sein nächstes Album habe brauchen können. Eine zweite Rate in selber Höhe habe er jedoch nie erhalten.