Kabarettabend
Integration trifft Thermomix

Martina Schwarzmann begeistert ihr Publikum beim Fest der FFW Rittsteig mit ihrem neuen Bühnenprogramm „genau richtig.“

27.07.2018 | Stand 27.07.2018, 11:38 Uhr

Martina Schwarzmann war in Rittsteig voll in ihrem Element. Foto: kbr

Die beliebte, vielfach preisgekrönte Kabarettistin Martina Schwarzmann faszinierte mit trockenem Humor und Blick für die Tücken des Alltags viele Zuschauer mit Geschichten aus ihrem neuen Bühnenprogramm „genau Richtig!“.

Mit der Entscheidung, zur Einstimmung auf das fünftägige Jubiläum die oberbayerische Künstlerin zu engagieren, lagen die Macher der FFW Rittsteig ebenfalls „genau richtig“. Schwarzmann plauderte selbstironisch aus dem Nähkästchen und traf den Geschmack ihres Publikums, das sich über Abenteuer vom ganz normalen Wahnsinn des alltäglichen Lebens köstlich amüsierte.

Stark inspiriert von Gesprächen rund um den Weiberstammtisch, den keine vorzeitig verlassen mag, weil sie befürchtet, dann zur Zielscheibe ihrer Kontrahentinnen zu werden, begleitete sie ein Lied über die Eigenschaften der Frauen auf ihrer Gitarre.

Beim Thema Sex wird auf alte Leute keine Rücksicht genommen: Während sie sich mit Kassetten abplagen, nutzen junge das Internet.

Lachsalven löste die Episode von Herbert aus, der im Suff über seine biedere Gattin klagte und der er als Belohnung einen Thermomix für die Erfüllung seiner Wünsche versprach. Die Tatsache, dass Susi regelmäßig mit selbst gemachtem Eierlikör aus dem Thermomix zur Party kommt, entfachte bei Schwarzmann Porno-Kopfkino und bot die Basis für ihre „Ballade über oreidige sexuelle Praktiken“.

Besondere Fanartikel

Mit dem Lösen von Konflikten ging ihre kindliche Unbeschwertheit verloren, weshalb sie am Telefon eine Top-Lügnerin abgibt. Wenn es um gute Tipps über die Kindererziehung geht, finden humoristisch stark verirrte Leute das Lied vom „Abhauen“ schön.

„Jeder muss mithelfen, dass Integration gelingen kann“ zeigte sich die geniale Wortkünstlerin überzeugt und forderte mehr Toleranz bei Fremdenfeindlichkeit gegenüber Preußen. Stimmgewaltig präsentierte sich das Publikum beim Refrain „Der oane machts so und der andere machts so“.

Auf reichlich Toleranz ihres Mannes ist die Kabarettistin selbst angewiesen, wenn es um unfallträchtige Hausarbeiten wie Fensterputzen oder die Formular-Allergie geht. Das Auge des Orkans ist ihr Schreibtisch, weshalb sie überlegt, ob sie ein Kellerbüro im Überschwemmungsgebiet anmieten oder mit 90 Jahren aus dem Saustall raussterben soll. „Gschieß“ erklärt Schwarzmann mit Psychoterror in der Beziehung und hält dem Publikum einen Spiegel vor, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht.

Fanartikel wie Geschirrtücher mit Texten wie „Mir glangt, dass i woaß, dass i kannt, wenn i woin dad“ und „es muaß oam a amoi was wurscht sei kenna“ verliehen ihrer Ordnungsliebe Nachdruck. Nach einer kreativen Pause outet sich die Kabarettistin, dass aus ihrem Wunsch nach der Punker-Ehre nichts geworden ist und sie im Alter eine Punker-Band mit dem gefährlichen Namen „Die heißen weißen Radisalzer“ gründen will. Wer auf Bio machen will, muss alles durch Wissen und Arbeit ersetzen, gab sie zukunftsorientierten Landwirten mit auf den Weg und verband damit das neue Antidiskriminierungsgesetz, bei dem Frau nichts machen muss, was ihr nicht genehm ist.

Liebeslied an den Gatten

Ein Päckchen mit der Aufschrift „easy best glider“ brachte nicht das zutage, was die Empfängerin vermutete, trotzdem schrieb sie ein schnulziges Liebeslied an ihren Mann: „Wenn du nicht da bist, lieb ich dich am meisten“.

Die Kinder von Martina Schwarzmann kamen vom Charakter her fertig auf die Welt – sie brauchten nur noch bitte und danke lernen und müssen sonst gut versichert sein. Poetisch erzählt sie vom Wahnsinn ihres ganz normalen Lebens, das sie zwar voll im Griff hat, wenn sie gerade nicht auf der Bühne steht oder sich auf der Flucht vor Instagram und Facebook im Schrank versteckt bzw. auf dem Klo, wo sie schnell im Erziehungsratgeber nachschaut, ob man Kinder erpressen darf. Tosender Applaus veranlasste die charmante Oberbayerin zur Zugabe. Die Zuhörer erlebten den rundum begeisternden Kabarettabend als Wundertüte der besonderen Art. (kbr)

1979 in Fürstenfeldbruck geboren

1991 erste Gedichte in Mundart

1998 erste Auftritte

2000: Auftritte in Tollwood und im Schlachthof

2007: Deutscher Kleinkunstpreis; Bayerischer Kabarettpreis

2008: Deutscher Kabarettpreis

Aus dem Leben