Gefahr
Körnerfund alarmiert Kindergarten

Nach einer Rattengift-Warnung tauchen am Montag rosa Hülsen in Regensburger Privatgärten auf. Die Stadt gibt Entwarnung.

12.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:47 Uhr
Nach der Giftwarnung wurden am Montag in verschiedenen Privatgärten rosa Hülsen entdeckt. −Foto: mt

Hat der Giftstreuer aus dem Stadtpark auch im Kindergarten und in Privatgärten Köder verteilt? Diese Frage trieb am Montag viele Regensburger um. In der vergangenen Woche wurde definitiv Rattengift in dem Park und in nahegelegenen Straßen gefunden. Die Stadt gab daraufhin eine Warnung heraus. Das Gift werde in Form von rosa gefärbten Getreidekörnern ausgelegt, hieß es darin. Seither sind Anwohner und vor allem Eltern und Tierbesitzer alarmiert.

Am Montag wurden im Kindergarten im Stadtpark dann rosa Hülsen entdeckt. Und außerhalb des Parks zogen die ominösen Körner immer weitere Kreise. Im Gartenamt klingelte permanent das Telefon. Und bei unserer Zeitung meldeten sich Anwohner aus der Schillerstraße, der Prebrunnstraße, der Dr.-Johann-Maier-Straße und der Dechbettener Straße, weil sie in ihren Gärten rosa Körner gefunden hatten – auf eigentlich nicht frei zugänglichen Privatgrundstücken.

Anwohner fürchten Eindringlinge

Bei den neuesten Funden handelt es sich wohl nur um pflanzliches Material – vermutlich um Samen einer Springkraut-Art oder von Efeu. Aber die Verwirrung ist groß. Denn die kleinen rosa Hülsen sehen dem Rattengift zum Verwechseln ähnlich.

Im Hort wird eine junge Mutter aus der Prebrunnstraße am Freitag vor dem Gift gewarnt. Sie hält die Augen offen und entdeckt am Nachmittag prompt vor ihrer eigenen Haustür rosafarbene Körner. „Wir haben alles eingesammelt und weggeschmissen, aber am Samstag lagen dann wieder neue da. Und ab diesem Zeitpunkt fanden wir das dann wirklich seltsam.“ Seither stehen die Einweghandschuhe immer bereit. Jedes Korn, das die Eltern finden, sammeln sie sofort auf – unterdessen sind es ungefähr 30 Stück. Auf dem gepflasterten Fußweg, der um das Haus führt, an der Treppe und in der Wiese hinter dem Haus, beim Fahrradschuppen: „Jemand müsste das Grundstück wirklich betreten haben, um die Körner dort zu verteilen“, sagt die Anwohnerin.

In der Dechbettener Straße steht der Bungalow eines Anwohners etwas zurückgesetzt in einem großen Garten. Das Grundstück ist umzäunt, das Gebäude ist nur über einen langen Fußweg zu erreichen. Trotzdem findet der Mann vor der Haustür und auf der Terrasse hinter dem Haus rosa Körner. „Eigentlich kann man die dort aus der Distanz nicht hinschmeißen“, sagt er. Das Gartentor sei zugesperrt. „Der Giftstreuer müsste also über den Zaun gesprungen sein, um die Körner zu verteilen.“ Der Anwohner hat keine Kinder und keine Haustiere. Das Motiv des vermeintlichen Täters ist ihm daher ein Rätsel. Was bleibt, ist ein „sehr mulmiges Gefühl.“

Rattengift ist ein hochtoxisches Mittel, das zur Bekämpfung von kleinen Nagetieren eingesetzt wird. Es enthält verschiedene Blutgerinnungshemmer, welche auch für Kinder tödlich wirken können. Hans Reitenspies kennt sich mit den rosa eingefärbten Weizenkörnern gut aus. Er ist Schädlingsbekämpfer und setzt das Mittel regelmäßig ein. Am Montag habe ihm das Gartenamt eine Probe zur Begutachtung gezeigt. Reitenspies geht in diesem Fall eher von rosarotem pflanzlichen Material aus. Auch auf den Fotos aus den beiden Privatgärten meint er nur pflanzliches Material zu erkennen. Trotzdem rät er zu Vorsicht. „Das, was in der vergangenen Woche gefunden wurde, war sicher Rattengiftund die anderen Funde schauen den Giftkörnern auf jeden Fall zum Verwechseln ähnlich“, sagt er. „Es dürfte sich dabei aber wohl um Pflanzen handeln, bei denen Samen abgeschossen werden, wie bei Springkraut oder Efeu“, mutmaßt er.

Eine Leserin scheint sich mit den Pflanzen gut auszukennen. „Nicht jedes pinkfarbene Körnchen, das man derzeit in Parks und Gärten findet, ist Rattengift.“ Seit mehr als 30 Jahren finde sie im Frühjahr im Garten pinkfarbene, weizenkorngroße Hülsen. „Das ist kein Rattengift“, schreibt die Frau. „In dieser Gegend gibt es viel Efeu, dessen Samen so aussehen.“ Nur die Farbe stimme auf den ersten Blick nicht. „Entweder verfärben sich die Efeusamen bei der Reise durch einen Vogelverdauungstrakt oder sie werden durch Licht oder Faulprozesse pink.“ Zerdrücke man diese Körnchen, sähen sie aus wie das Innere eines Apfelkerns. Mäusegift werde hingegen eher in gefärbten Haferflocken ausgelegt. „Ich möchte nicht bestreiten,dass jemand Gift ausstreut, aber die Körnchen, die ich zur Zeit in unserem Garten, in den Parks und auf Gehwegen sehe, sind sicher vom Efeu“, schreibt die Leserin.

Kindergartenfund ist unbedenklich

Auch die Stadt gibt am Nachmittag – zumindest für die neuen Funde und den Kindergarten – Entwarnung. „Es sind heute im Laufe des Tages verschiedene Meldungen aus privaten und öffentlichen Grünflächen eingegangen“, sagt eine Sprecherin. „Nach Überprüfung konnte in diesen Fällen Entwarnung gegeben werden.“ Es handle sich um Pflanzenteile, die von Vögeln nach dem Verzehr wieder ausgeschieden werden. Jahreszeitlich bedingt ernährten sich die Vögel momentan von diesen Früchten. „Die gefundenen Kerne wurden von Fachleuten des Gartenamtes untersucht und für unbedenklich erklärt. Eine weitere Kontrolle durch einen externen Sachverständigen kam zum gleichen Ergebnis“, sagt die Sprecherin.

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