Auszeit
Meditieren in der Abtei Niederaltaich

Einige Familien kommen jedes Jahr in die Abtei Niederaltaich. Für viele bleibt der erste Besuch nicht der letzte.

25.04.2019 | Stand 16.09.2023, 5:41 Uhr

Zur gemeinsamen Mahlzeit im Speisesaal mischen sich die Gäste an kleinen Tischen immer wieder neu. Rechts im Bild Pater Johannes Hauck. Foto: Rath

Stille, Andacht, Gebet und Meditation. Alle diese Begriffe lassen sich wunderbar mit den Vorstellungen in Einklang bringen, die nicht Eingeweihte vom klösterlichen Leben haben. „Ostern im Kloster? Respekt!“, lautet die oft gehörte Floskel, der sich dann die Frage anschließt: „Und was macht Deine Familie, wenn Du alleine wegfährst?“ Wer in der Osterzeit den Speisesaal der niederbayerischen Benediktinerabtei Niederaltaich betritt, wird sein Bild sofort erweitern. Viele der mehr als 100 Gäste kennen sich, Neulinge werden sofort bekannt gemacht. Für die meisten ist der erste Besuch der Abtei nicht der letzte. In einigen Familien wird „das Klostergen von den Großeltern über die Kinder an die Enkel weitergegeben. Wer im Kinderwagen schon in die Kirche geschoben wurde, der hält der Klostergemeinschaft oft auch als Erwachsener und Familienvater die Treue. Der Ansturm der Gläubigen beginnt mit dem Palmsonntag und wächst bis Gründonnerstag an. Am Ostersonntag leert sich das Kloster dann langsam wieder, die letzten bleiben bis Dienstagmorgen.

Im Speisesaal finden sich Kinder, Väter, Mütter, Singles und Paare, Omas und Opas. Sie sitzen wild durcheinander an kleinen Vierertischen, es wird diskutiert, philosophiert, getobt und gebetet. Der Ruf „Christus ist auferstanden“, schallt immer wieder durch den Raum. Unter den Gästen sind auch mehrere Familien aus dem Landkreis Neumarkt, die hier zusammen ihre Ostertage verbringen.

Mönche pflegen die Ökumene

„Wir haben vor mehr als 30 Jahren mit der Kolpingjugend nach einem Ziel gesucht, an dem wir auch andere Riten und andere Leute kennen lernten und sind in Niederaltaich fündig geworden“, erzählt Gernot Meier. Bei ihm habe das so gut „eingeschlagen“, dass er seit damals fast jedes Jahr die Ostertage in der niederbayerischen Abtei verbringt. Ihre Besonderheit, die schon die Kolpingjugend anzog: Die Mönche der wohl 731 gestifteten Abtei pflegen seit der Nachkriegszeit die Ökumene und heißen deshalb nicht nur Gläubige aller christlichen Glaubensrichtungen willkommen, sie leben und beten selbst in zwei verschiedenen Riten, dem römischen und dem byzantinischen Ritus. Auch durch den Eintritt zweier russischer Mitbrüder folgten sie dem von Papst Pius XI. bereits 1924 geäußerte Wunsch, Benediktinermönche mögen den byzantinischen Ritus annehmen, um im Geist der Ostkirche zu leben und so eine geistliche Brücke zum Osten zu bauen. Innerhalb der klösterlichen Gemeinschaft begannen einige Mönche, das tägliche Stundengebet und die eucharistische Liturgie im byzantinischen Ritus zu feiern. 1955 konnte dafür eine erste kleine Kapelle eingerichtet werden, 1986 dann – in den Räumen der ehemaligen Brauerei – eine große und eine kleine byzantinische Kirche.

Römischer Ritus

Der römische Ritus ist die den Katholiken vertraute Art den Gottesdienst zu feiern. Die Gottesdienste im byzantinischen Ritus dauern in aller Regel deutlich länger und bestehen vor allem aus der gesungenen Zwiesprache zwischen Priester und Chor, während die Messbesucher die Zeit überwiegend schweigend und zuhörend verbringen. Die Texte enthalten die Theologie und Spiritualität der östlichen Christenheit. Man erkennt dies zum Beispiel auch an den Ikonen, den heiligen Bildern, die im Osten hohe Verehrung genießen und mit denen die byzantinische St. Nikolaus-Kirche geschmückt ist. Auch die Musik ist anders, gesungen wird nicht nur in deutsch, sondern auch in russisch und kirchenslawisch. Sogar die liturgischen Gewänder von Priestern und Ministranten unterscheiden sich von den vertrauten. Trotz aller Unterschiede leben die Mönche in einer klösterlichen Gemeinschaft und feiern einen gültigen katholischen Gottesdienst.

Für Gerhard Springs ein wichtiger Grund, nach Niederaltaich zu kommen: „Wir lernen dadurch, dass es viele Wege zu Gott gibt, bei denen es den Menschen gelingt, die Nähe zu Gott zu spüren.“ Deshalb versuche er auch, nicht nur die bekannten Gottesdienste nach dem römischen Ritus zu besuchen, sondern auch die hier gebotene Vielfalt und damit das eher Fremde zu erkunden.

Springs: „Als Familienvater und Christ ist es für mich auch ein Anliegen, dies an meine Kinder weiterzugeben. Ich glaube, dass diese Offenheit immer wichtiger wird für unsere Gesellschaft. Wir müssen bereit sein, andere Themen nicht sofort abzukanzeln, sondern sie erst einmal anzusehen, um ein eigenes Bild zu entwerfen.“ Nur so könnten die Kinder feststellen, wo ihr Weg ist, wohin er führt und diesen dann zu ihrem Lebensmotto machen.

Gute Verstecke für Osterhasen

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