Pflege
Mit Abitur in den Pflegeberuf

Tanja Feucht war erst 450-Euro-Kraft, jetzt leitet sie das Neumarkter „Haus Wolfstein“. Auch ihre Kollegin machte Karriere.

07.07.2019 | Stand 16.09.2023, 5:39 Uhr
Doris Distler

Tanja Feucht (links) und Ann-Kathrin Wittmann mit ihren beiden Hunden vor dem Haus Wolfstein Foto: Doris Distler

Es wurde zunehmend heißer und beim Tag der Offenen Tür für Pflegekräfte im Haus Wolfstein war zu vermuten, dass eine Gluthitze in den Räumen herrschte –wenn mehr Menschen gewusst hätten, wie angenehm temperiert das Haus war, wären sicher größere Besuchergruppen gekommen. So aber war der Zustrom der Gäste am Samstag, wohl wegen des Schnäppchenmarkts und anderer Aktivitäten, recht zurückhaltend.

Doch wer sich informieren wollte, fand den Weg zum Haus Wolfstein – wie der grau melierte Christoph S., der früher schon in der Pflege gearbeitet hat, aber wegen seiner zunehmend schlechteren Sehkraft nun nach Alternativen sucht. „Das klingt interessant“, sagt er nach einem Gespräch mit der zuständigen Leiterin. Er ist ein „alter Hase“ in der Pflege und liebt diesen Beruf. Die Liebe zum Pflegeberuf haben viele gemeinsam, die diese Tätigkeit ausüben. Auch Ann-Kathrin Wittmann gehört dazu.

Mittagessen mit den Senioren

Als die Neumarkterin mit 14 Jahren die Weinberger Schule verließ, war für sie klar, dass sie in die Pflege geht. Schon vor dem Schulabschluss hatte sie verschiedene Praktika gemacht, „alle im sozialen Bereich“. Dann absolvierte sie erst einmal ihre Ausbildung als Fachhelferin im Haus St. Marien. Anschließend zog sie nach Regensburg, wo sie eine Ausbildung zur Krankenschwester durchlief. „Ich kann mir nichts anderes vorstellen“, sagt sie über ihren Pflegeberuf. „Ich könnte nicht den ganzen Tag in einem Büro sitzen, sondern ich brauche Menschen um mich. Ich mag es, Hilfe zu geben. Und da bekomme ich auch Wertschätzung für das, was ich tue."

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Doch hier endete der berufliche Aufstieg von Ann-Kristin Wittmann nicht. Das Examen zur staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpflegerin erhielt sie 2015 nach dreijähriger Ausbildung. 2016 ging sie wieder nach Neumarkt zurück und war bis 2018 im Haus Wolfstein Wohnbereichsleiterin. Währenddessen bildete sie sich weiter und wurde für die Schule vom Arbeitgeber freigestellt. Nun ist sie Pflegedienstleiterin im Haus Wolfstein. Mit 23 Jahren, das ist sportlich-ambitioniert.

„Wenn man es will und sich dahinter setzt, schafft man das auch.“ Ann-Kathrin Wittmann

„Es ist schon anspruchsvoll, so etwas nebenbei zu machen, aber wenn man es will und sich dahinter setzt, schafft man das auch“, ist die junge Frau überzeugt. Warum sie aus der so geliebten Pflege doch ausstieg, erklärt Ann-Kathrin Wittmann so: „Ich habe im Krankenhaus gelernt, das geht auf Dauer auf die Gesundheit. Hier habe ich geregelte Arbeitszeiten und mehr Freizeit als in der reinen Pflege, wo man ja Schichten hat und längere Dienste.“ Sie vermisse dennoch nichts, sagt sie. „Ich habe ja jeden Tag mit den Menschen hier im Heim zu tun und bin mitten unter ihnen, wir essen auch gemeinsam in der Cafeteria zu Mittag.“

Das Karriere-Beispiel von Ann-Kristin Wittmann ist kein Einzelfall in der Pflege. Auch Tanja Feucht kletterte die Karriereleiter nach oben, von der 450-Euro-Kraft zur Einrichtungsleiterin des Hauses Wolfstein. Natürlich dauert alles seine Zeit. Und Tanja Feucht ist nach der Fachoberschule mit einem Abitur in die Pflege eingestiegen. Für sie war von vorneherein klar, dass sie weiterlernen wolle, erklärt sie.

Aktion soll Mitarbeiter anlocken

Natürlich ist dieser Tag der offenen Tür eine Anwerbeaktion für neue Pflegekräfte. „In solchem Rahmen kann man lockerer miteinander reden als in einem Vorstellungsgespräch“, sagt Ann-Kristin Wittmann – und ruft ihren Hund, der an diesem Tag ebenso dabei ist wie der von Tanja Feucht. Natürlich sei der Pflegenotstand in Deutschland nicht mehr wegzudiskutieren, sagt Tanja Feucht, auch wenn in ihrem Haus eine gute Personalauslastung sei.

Insgesamt 115 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, davon 75 in der Pflege direkt – bei 133 Pflegeplätzen. Doch was tun, wenn alle Pflegekräfte Karriere machen und keiner mehr für die reine Pflege da ist? „Das wollen ja nicht alle“, weiß Tanja Feucht. Aber Weiterbildungen, zum Beispiel zur Gerontofachkraft oder zum Wundexperten würden sich auch im Gehalt mit 150 Euro monatlich mehr niederschlagen.

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