Landwirtschaft
Papstwiese für Pflanzenzucht ungeeignet

Berthold Bauer will nicht als BMW-Verhinderer abgestempelt werden. Doch ohne geeignete Felder droht seinem Betrieb das Aus.

21.01.2015 | Stand 16.09.2023, 7:05 Uhr
Claudia Böken
Für den Besuch von Benedikt XVI. wurde die „Papstwiese“ angelegt. Jetzt wurde das Gelände dem Berthold Bauer als Ersatz für die Fläche angeboten, die er für ein BMW-Logistikzentrum räumen soll. −Foto: MZ-Archiv

Welch bösartiges Gewächs der Flughafer ist, davon hat ein agrarisch nicht gebildeter Zeitgenosse keine Ahnung. Diese Wildgetreideart, die überall dort aufgeht, wohin der Wind die Samen weht, besiedelt beispielsweise die Papstwiese. Das wäre weiter nicht dramatisch, hätte Thurn und Taxis nicht just diese Wiese dem Niedertraublinger Saatzuchtbetrieb Bauer als Ersatzfläche angebotenfür die rund 50 Hektar nahe des BMW-Geländes, die der Automobilkonzern haben möchte, um dort ein neues Logistikzentrum zu bauen. Bauer klagt gegen die Kündigung seines Pachtvertrags. Das Zivilverfahren vor dem Amtsgericht Regensburg war ursprünglich auf den 9. Februar, 10.45 Uhr, festgesetzt. Nach MZ-Informationen hat eine der beiden Parteien eine Terminverschiebung beantragt.

Saatzucht braucht Zeit

Für Berthold Bauer und seinen Sohn Dominik – die fünfte und sechste Generation des Niedertraublinger Saatzuchtbetriebs – steht die Existenz auf dem Spiel. Sie möchten ihre Arbeit auch künftig fortsetzen können, und zwar mit einem langfristig gesicherten Pachtvertrag oder einem Kauf. Denn die Neuzüchtung einer Sorte dauert viele Jahre. Danach unterzieht das Bundessortenamt sie noch einer dreijährigen Wertprüfung. „Eine hohe Hürde, schließlich konkurrieren wir mit großen Konzernen“, erläutert Bauer. Die Kosten, bis eine neue Sorte Marktreife erricht hat: Über eine Million Euro. Dass sich ein derartiger Aufwand bei einem Pachtvertrag mit einjähriger Laufzeit nicht lohnt, leuchtet ein. Bauer will Sicherheit und würde sogar dafür sogar einen Umzug des gesamten Betriebs in Kauf nehmen. „Bis Straubing oder Plattling ginge es“, sagt Sohn Dominik, der wie sein Vater Landwirtschaft und Saatzucht studiert hat. Voraussetzung seien bestimmte Rahmenbedingungen, die Thurn und Taxis bieten könnte – beispielsweise auf dem Gelände, das vor einigen Jahren als Solarpark vorgesehen war.

Davon will sich das Fürstliche Haus aber nicht trennen, stattdessen bot es Bauer die Papstwiese, eine kleinere Fläche nahe des BMW-Werks und eine Fläche bei Harting an, von denen laut Bauer zwei für seine Zwecke völlig ungeeignet seien und darüber hinaus auch nur für ein Jahr verpachtet werden sollen.

Von Politik enttäuscht

Die Papstwiese ist vor allem von besagtem Flughafer befallen, wodurch sie über Jahre hinaus für die Haferzucht ausfalle. Die Fläche bei Harting würde durch vier Starkstrommasten noch einmal deutlich reduziert, sie sei bisher mit völlig unterschiedlichen Kulturarten bestellt worden und damit ungeeignet als Zuchtgarten. Für bedingt geeignet als Zuchtgarten hält Bauer lediglich die Fläche nahe des BMW-Werks. Allerdings werde die durch vier Starkstrommasten und zwei über die Fläche verlaufende Starkstromleitungen auf gerade mal neun Hektar reduziert – kein adäquater Ersatz für die 50 Hektar, die Bauer für die BMW-Ansiedlung räumen soll.

Enttäuscht ist der Agraringenieur vor allem von der Politik. Niemand habe ihn bisher beim Kampf ums Überleben unterstützt. Dass sich keiner gegen die BMW-Ansiedlung wendet, versteht er natürlich, auch er möchte ja dem Logistikzentrum nicht im Weg stehen. Aber dass sich nicht einmal der Landwirtschaftsminister für ihn einsetzt, enttäuscht ihn schon sehr. Seine ganze Hoffnung ruht jetzt auf Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, der ihm zugesagt habe, nochmals mit Thurn und Taxis zu verhandeln.

Die Zeit, eine Lösung zu finden, drängt. Denn vor Gericht könnte Bauer durchaus einen Aufschub seiner Vertragskündigung erhalten. Dann müsste er das Areal vielleicht erst in zwei Jahren räumen. Danach hätte er immer noch keine langfristige Perspektive. Aber BMW hätte sich in dieser Zeit sicher einen anderen Standort gesucht. Gestern war bereits von Verhandlungen mit der Gemeinde Wallersdorf die Rede.