Wohnen
Regensburger Spatz und Fräulein Blau

Man gibt dem Auto schon mal einen Kosenamen, warum nicht auch seinem Haus? Zwei Regensburgerinnen haben das getan.

02.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:44 Uhr
Helmut Wanner
Sabine Eppinger vor ihrem Haus in der Richard-Wagner-Straße 7: Der Regensburger Spatz ist ihr ganzer Stolz. −Foto: Wanner

Die Regensburgerinnen Dorothea Simon und Sabine Eppinger haben ihre Häuser zu Personen erklärt. Und das völlig unabhängig voneinander. Frau Simon in der Clausewitz-Straße wohnt mit ihrer Familie seit zehn Jahren bei Fräulein Blau. So steht es in gelben Styropor-Lettern auf der Fassade. Frau Eppinger verwandelte ihr Haus in der Richard-Wagner-Straße vergangenes Jahr in den Regensburger Spatz.

Das macht was mit den Häusern und das fällt auch auf. „Am Anfang hatten wir hier eine richtige Völkerwanderung“, sagt Frau Simon. „Leute waren da, die sehen wir sonst nie hier.“ Die Clausewitz-Straße ist eine Sackgasse an der Westumgehung. Kein Mensch kommt dort vorbei.

Edson Braafheid und Sami Kedhira

Der kleine Regensburger Spatz aus dem Inneren Osten ist auch nicht ohne. Er zieht prominente Zug-Vögel an. Der Spatz ist nämlich ein Haus mit drei Ferienwohnungen, in denen sich das Thema Vogel und Regensburg durch Stiegenhaus und Zimmer zieht. Die Frauenzeitschrift Brigitte hat den Spatz erwähnt, als sie auf einer Seite 2013 unter der Überschrift „Dolce vita“ in Ostbayern die lauen Sommernächte in der Welterbestadt rühmte.

Der niederländische Verteidiger von Lazio Rom, Edson Braafheid (33), ein Mann mit Wurzeln in Surinam, bedankte sich für die „warm Hospitality“. Juve-Star Sami Kedhira (29) wohnte gleich elf Tage in der Richard-Wagner-Straße 7. Er schrieb im Gästebucheintrag über „einen Hauch von Zuhause“. Kedhira war bei Klaus Eder in Behandlung. Die Zeit im Welterbe versüßte ihm Lena Gercke. Das Model ist jetzt weitergezogen. Die „Bunte“ schreibt, sie sei mit dem Sportarzt Kilian Müller-Wohlfahrt zusammen.

Mit der Lucy zur Arbeit

Aber alles schön der Reihe nach. Begonnen hat die Personifikation von Immobilien im Stadtwesten. Sie war reiner Zufall und völlig zweckfrei. Dorothea Simon sagt: „Ich gebe auch allen meinen Autos Namen.“ Ihren knubbligen Daihatsu Materia nennt sie Speedy. Ihr Mann fährt mit seiner Lucy in die Arbeit.

Ins Haus an der Clausewitz-Straße ist sie hineingeboren. Erst strich sie es lindgrün, dann tomatenrot. Jetzt wählte sie das dunkelste Blau und nannte das Vaterhaus Fräulein Blau. Die gelben Lettern wurden mit Silikon an die Fassade geklebt. Manchmal fällt ein Buchstabe herunter. Dann heißt das Haus vorübergehend „Fäulein Bla“ oder so.

„Humor braucht man, ohne Humor könnte man das Leben gar nicht aushalten.“Dorothea Simon

„Humor braucht man, ohne Humor könnte man das Leben gar nicht aushalten,“ sagt sie. Sie hat gerade mit einer Schubkarre Grünabfälle weggefahren. Nein, in diesem Aufzug will sie sich nicht fotografieren lassen.

Das nette Fräulein Blau lebt in der kurzen Straße, die den berühmten deutschen Militärhistoriker ehrt. Es kommt ohne Gartenzaun aus und präsentiert sich völlig offen. Lilie, Salbei und Margerite grüßen freundlich aus dem Vorgarten. Warmherzige Keramikfiguren schauen durchs Fenstern. Vom Windfang herab krächzt ein Rabe aus Blech. Neben der Haustür hat sich der Mann verewigt, mit einer bunten Hommage an Miro. Die Hände in Blau sind seine Hände. Herr Simon schafft bei Conti.

Der Regensburger Spatz war wie ein Lottogewinn

Ortswechsel, Innerer Osten: Der Arbeitgeber ist das verbindende Glied zum Regensburger Spatz in der Richard-Wagner-Straße. Auch der Mann von Sabine Eppinger ist Ingenieur bei Continental. In der Regensburger Touristinfo hat Frau Eppinger Reiseverkehrskauffrau gelernt. „Von daher weiß ich, was geboten ist in der Liga.“ Sie ist die einzige Tochter des bekannten Zellner-Metzgers vom Galgenberg. Von seinen geräucherten Schweinshaxn schwärmen die Regensburger heute noch. Als ihr der Vater das Haus in der schönen Richard-Wagner-Straße, wie man sagt „mit warmer Hand“ schenkte, war das für die zweifache Mutter heranwachsender Kinder wie ein Lottogewinn. „Ich bin jetzt mein eigener Chef.“ Der Regensburger Spatz ist ihr Baby. Sie kümmert sich, wäscht und bügelt für ihn. Und hat immer ein fürsorgliches Auge auf ihn und seine Bewohner.

Angefangen hat es vor sechs Jahren mit der kleinen Dachwohnung. Sie hat sie als Ferienwohnung ausgebaut. Mit ihren 30 Quadratmetern war sie so klein, „ich hab sie Spatz genannt.“ Als jetzt die Fassade zur Renovierung anstand, hat sie den Regensburger Spatz einfach zum Hausnamen gemacht. Das bot sich bei der Nähe zu den Regensburger Domspatzen ja auch an. „Die Wohnungen laufen gut“, sagt sie, „im SommeFrar wie im Winter“. Als Reiseverkehrs-Expertin ist sie in allen Portalen unterwegs und hat ihrem kleinen Spatz sogar eine eigene Homepage eingerichtet.

„Dolce Vita“ in Regensburg

Da war sie schon baff, als im Februar vor zwei Jahren ein Herr Kedhira den Regensburger Spatzen buchte. „Er kam abends um 22 Uhr gerade aus New York. Bei Eder in Donaustauf hat er sich auskuriert, da war er froh, dass er sich in der Stadtwohnung zurückziehen konnte.“

Seine damalige Freundin Lena Gercke hat mit dem Smartphone ein Foto von Sami und Sabine gemacht. Das hängt jetzt im Flur, neben dem handschriftlichen Tagebucheintrag von Edson Braafheid und der Seite mit dem „Dolce Vita“ aus der „Brigitte“.

Weitere Nachrichten und Geschichten aus Regensburg lesen Sie hier!

Aktuelle Nachrichten von mittelbayerische.de jetzt auch über WhatsApp. Hier können Sie sich anmelden:www.mittelbayerische.de/whatsapp