Gesellschaft
Was sich mit 60 alles ändert

Kanzlerin Angela Merkel feiert am Donnerstag 60. Geburtstag. Ein Experte meint: „Die heute 60-Jährigen hätte man früher auf Anfang 40 geschätzt.“

16.07.2014 | Stand 16.07.2014, 17:46 Uhr

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Donnerstag 60. Das Bild von Frauen in diesem Alter ist einem starken Wandel unterworfen. Foto: dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Donnerstag 60. Das Bild von Frauen in diesem Alter ist einem starken Wandel unterworfen. In Merkels Geburtsjahr 1954 feierten die Blues-Sängerin Bessie Smith oder die Tänzerin Martha Graham ihren 60. – heute prägen neben Merkel Schauspielerinnen wie Jutta Speidel oder Sabine Postel das Bild der 60-jährigen Frau.

Mode: Wen man hineinpasst, darf man alles tragen

Frauen mit 60 können nach Einschätzung von Fachleuten 2014 eigentlich alles tragen. „Mode kennt kein Alter mehr“, sagt Nina Peter vom Deutschen Modeinstitut. „Jung und Alt wird als Mode gar nicht mehr differenziert.“ Die Mode habe sich selbst in der Business-Welt von festgelegten Looks und Outfits befreit. Noch bis vor zehn Jahren sei das Kostüm ein Muss gewesen. Dies gelte inzwischen nur noch für ganz kleine Segmente. „Eine erwachsene Frau kann heute auch einen Blazer zur Denim (Jeans) tragen und damit ins Büro gehen.“ Und: „Man kann heute alles mit allem kombinieren.“

Frisuren: Pflegeleichter Schnitt statt toupiertem Haarturm

„Die Mode macht nicht mehr so alt wie früher“, stellt Antonio Weinitschke vom Zentralverband Friseurhandwerk fest. Die hochtoupierten, konservativen Frisuren der 1950er und 1960er Jahre etwa hätten sportliche, flotte und pflegeleichte Frisuren abgelöst. „Der größte Teil der 60-Jährigen lässt sich die Haare färben.“ Grau sei etwas für besondere Typen oder die klassische Omi. Es muss auch nicht die Kurzhaarfrisur sein: Frauen entschieden sich für die Länge, die ihren Typ unterstütze und zur Kopf- und Körperform passe. „Es gibt auch 60-Jährige, die schulterlang tragen.“

Ehe und Scheidung: Frauen ergreifen die Initiative

Mehr als jede dritte Ehe wird geschieden – meist auf Initiative der Frau. Bis Mitte der 70er Jahre wurde in der Bundesrepublik nach dem Schuldprinzip geschieden. Die Folge: „Frauen konnten sich in Westdeutschland nicht vom Mann trennen, weil sie es finanziell nicht überlebt hätten“, sagt Familiensoziologin Corinna Onnen. „Wenn man heiraten wollte, wurde einem angeraten, zu einer Brautschule zu gehen, damit man keine Fehler in der Ehe macht“, sagt die Forscherin. Das Bild der zufriedenen Hausfrau, die dem Mann untergeordnet ist, herrschte vor. „In Ostdeutschland war die weibliche Emanzipation der Maßstab für den wirtschaftlichen Erfolg.“

Karriere: Als Führungskraft bezeichnen sich 3,2 Millionen

Eine Führungsposition? Für Frauen vor 60 Jahren nahezu undenkbar. Bis zur Neufassung des Ehe- und Familienrechts Mitte der 70er Jahre konnte der Mann das Arbeitsverhältnis seiner Frau noch kündigen – selbst gegen deren Willen. Rund 110 000 der 3,2 Millionen erwerbstätigen Frauen im Alter von 55 bis 64 Jahren bezeichnen sich inzwischen (2013) laut Statistischem Bundesamt als Führungskraft. 1993 waren es erst 65 100 von 1,2 Millionen.

Familie: Vor allem die Töchter kümmern sich um die Pflege

Die Pflege würde ohne die heute 60-Jährigen nicht funktionieren, gibt VdK-Präsidentin Ulrike Mascher zu Bedenken. „Das größte Pflegeunternehmen in Deutschland sind die Familienangehörigen und zwar vor allem die Töchter und Schwiegertöchter.“ Zugleich werden sie oft von den Kindern gebraucht: „Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist oft nicht ohne die Generation der Großmütter möglich.“ Diese machten dies zwar gerne, pochten aber auch häufiger auf eigene Bedürfnisse. (dpa)