Regensburg
Deutschland-Premiere von „Genesis“: In St. Ulrich kann man in die Schöpfung eintauchen

10.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:57 Uhr
100 Menschen sind am Mittwoch bei der Premiere gebannt von „Genesis“. Die Schau wird später in Deutschland nur noch in München und Hamburg zu sehen sein. −Foto: altrofoto.de

Ein überwältigender Rausch aus Farben und Klängen: In Regensburg startet am 11. November „Genesis“. Bis 15. Januar können Besucher in St. Ulrich die Schöpfungsgeschichte eintauchen.



Philippe Trawnika sollte am Mittwoch noch in New York sein: An der Wall Street eröffnete das Züricher Künstlerkollektiv Projektil, bei dem er Partner ist, gerade „Monet’s Garden“, die Licht-Klang-Reise in die impressionistische Bilderwelt von Claude Monet.

Trawnika kam lieber nach Regensburg, zur Deutschland-Premiere von „Genesis“. In St. Ulrich schilderte er, wie sehr ihn das Museum am Dom fasziniert. „Ein unglaubliches Gebäude“, fand er, als er im Mai 2022 erstmals hier war, um für die frühgotische Architektur mit ihren Säulen, Bögen, Rosetten und Nischen ein Kleid aus Licht und Klang zu entwerfen.

Freie und abstrakte Interpretation

„Genesis“ erzählt die ersten drei Tage der Schöpfungsgeschichte: Gott schied Licht von Finsternis, schuf Himmel, Erde, Wasser und Grün. Was sonst Buchmalereien oder Gemälde zweidimensional und frontal zeigen, erscheint in St. Ulrich – sehr frei und abstrakt interpretiert – dreidimensional, als Erlebnis für alle Sinne. 100 Menschen, die sich am Mittwoch im Halbdunkel auf Stühlen und Sitzsäcken eingerichtet haben, sind vom ersten Moment an gebannt.

Die Schau beginnt sacht, mit zarten Lichttupfern, die über die Wände streifen, und dem Sopran aus Mahlers „Urlicht“, und steigert sich zum Rausch aus Farbe und Musik. Sterne schimmern, prachtvolle Blüten und Blätter explodieren geradezu im Gewölbe. St. Ulrich taucht in Blau, Pink und Grün, in Musik aus Haydns „Schöpfung“ und in Elektroklänge (von Carbon Based Lifeforms, Craig Leon und Schiller Hamburg). Zeit spielt keine Rolle mehr. Als „Genesis“ nach 25 Minuten endet, ist das Publikum für Sekunden wie benommen, bevor warmer Beifall aufrauscht.

Show läuft bis 15. Januar

Die Magie entsteht aus der Präzision, aus perfektem Timing und sensibel austariertem Maß. Lichtführung, Lautstärke, Musik- und Farbwahl: Projektil verzichtet auf plumpes Überwältigungsgetöse und überwältigt gerade deshalb. Die Züricher erregen mit Shows zu Frida Kahlo oder van Gogh weltweit Aufsehen und ziehen die Massen an. Kein Zweifel: Auch „Genesis“ in Regensburg wird ein Erfolg. Die Schau startet am 11. November und endet am 15. Januar. Von den 50.000 Zeitslots, die buchbar sind, waren noch vor dem Start 4100 reserviert (www.genesis-regensburg.de).

„Es werde Licht!“: Maria Baumann, die Leiterin der Kunstsammlungen des Bistums, Auftraggeber des Projekts, zitiert am Mittwoch das Bibelwort. Innig wie selten, sagt sie, sehnten sich die Menschen in dunkler Zeit nach Helligkeit und Optimismus. Kulturreferent Wolfgang Dersch ist sicher, „Genesis“ wird St. Ulrich als Kulturort nachhaltig ins Licht rücken und im Winter in Regensburg für viel Belebung sorgen.

Die Idee für das Projekt entstand im Regensburger Tourismus-Beirat, auf Anregung von Annette Ebmeier (Orphée) und von Kulturreferent Dersch. Julia Köppel von der Agentur „Die Kulturoptimisten“ und Galeristin Isabelle Lesmeister griffen den Gedanken auf. Sie recherchierten und reisten, verhandelten hart, stiegen am Ende auch auf Leitern, um die Fenster in St. Ulrich zu verdunkeln, und können sich nun, nur zehn Monate nach der ersten Idee, zu „Genesis“ gratulieren.