Erstaufführung
Am Theater Regensburg: Der Kaiser widmet sich lieber Hühnern als Krisen

23.04.2024 | Stand 26.04.2024, 11:56 Uhr

Auf dem Landsitz von Romulus: Kathrin Berg, Guido Wachter, Paul Wiesmann und Juliane Pollack (von links) in Dürrenmatts Komödie Foto: Tom Neumeier

Dürrenmatts Komödie „Romulus der Große“ hat am Freitag Premiere im Antoniushaus. Regisseurin Antje Thomas hätte gern Hühner auf die Bühne geholt – aber die gehen ja abends schlafen.

Rom im Jahr 476: Wir befinden uns in einer Zeit, für die es heute das geflügelte Wort von römisch-dekadenten Zuständen gibt. Die Hose ist noch nicht erfunden, aber im Umgang mit drohenden Krisen ist man bereits ähnlich versiert wie heute. Der Kaiser jedenfalls pfeift auf Nachrichten vom Ansturm der Germanen und pusselt lieber mit Hühnern herum. Die Viecher wollen keine Eier legen! So weit als Stenogramm der Plot von „Romulus der Große“. Antje Thoms, Schauspiel-Direktorin am Theater Regensburg, inszeniert Friedrich Dürrenmatts „ungeschichtliche historische Komödie“ jetzt im Antoniushaus, als Regensburger Erstaufführung. Premiere ist am 26. April (Freitag, 19.30 Uhr).

Die Lage ist fatal: Die Minister verzweifeln schier an ihrem Herrscher, der nichts im Sinn hat als sein Federvieh. Sie fragen sich, wie in der Ankündigung formuliert: „Ist so viel Desinteresse am eigenen Reich und der Weltpolitik Wahnsinn, Faulheit – oder Kalkül?“

Tatsächlich hegt der Kaiser (in der Titelrolle: Guido Wachter) einen geheimen Plan: Sollen die Barbaren doch einmarschieren, dann endet – endlich – ein Reich, das Menschenrechte mit Füßen tritt, also: Hoch lebe der Untergang!

Lesen Sie mehr: Regensburger Formation StimmGold holt in Boston wichtigen Preis

Antje Thoms verzichtet darauf, Dürrenmatts Klassiker zu überschreiben oder zu translozieren. „Wir haben Text gekürzt, aber das ist auch der einzige größere Eingriff“, sagt sie vorab im Gespräch über die Produktion, für die Maxi Ratzkowski die Dramaturgie besorgt. Blitzen sollen vor allem die Komik, die entsteht, wenn die Figuren der unterschiedlichen Lager aufeinander prallen, und die zugespitzten, doppeldeutigen, nicht bierernsten, aber durchaus bösen Dialoge des Originals von 1949. Schnell kippt da die Situation von tragisch zu komisch und umgekehrt. „Ich halte es für ein unterschätztes Stück“, sagt die Regisseurin, Dürrenmatt-Fan.

Die Römer, die nicht mehr wissen, wer im Staat die Hosen anhat, tragen im Antoniushaus also Toga, Tunika und Bart und sie hängen ab auf einem verranzten Landsitz. Für das Setting hat Ausstatter Florian Barth eine abgespielte Kulisse recycelt: das Bühnenbild von „Zukunftsmusik“, dem Auftragswerk, mit dem 2022 die Intendanz von Sebastian Ritschel gestartet war. Draufgesattelt wird Country- und Westernmusik vom Band, dazu Hühner-Gackern eingestreut.

Lesen Sie mehr: Joana Mallwitz als neue GMD an der Staatsoper München: Was ist dran an dem Gerücht?

Lebendes Federvieh auf die Bühne zu bringen, war anfangs ein Gedanke, den Antje Thomas dann bald beiseite legte: zu kompliziert! Die Tiere hätten das aus Brandschutzgründen imprägnierte Heu nicht tangieren dürfen, und außerdem: Hühner gehen abends schlafen.

Marianne Sperb