Amberg
Herausragender Fund im Amberger Stadtarchiv – uralte Zeichnung aufgetaucht

16.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:04 Uhr
Sie begutachteten das aus dem 16. Jahrhundert stammende Dokument zur Regierungskanzlei, die einst die Vorgängerbehörde des Staatsarchivs und jetzt das Landgericht beherbergte: (v. l.) Landgerichtspräsident Stefan Täschner, die Leiterin des Staatsarchivs Maria Rita Sagstetter, Oberbürgermeister Michael Cerny und Stadtarchivar Andreas Erb. −Foto: Susanne Schwab

Bei Erschließungsarbeiten im Amberger Stadtarchiv ist man kürzlich auf eine Bauzeichnung der Amberger Regierungskanzlei, dem heutigen Landgericht, gestoßen. Rasch zeigte sich, dass damit ein Dokument staatlicher Archivgeschichte aufgetaucht ist.

Das unter Kurfürst Friedrich II. errichtete, repräsentative Gebäude diente seit seiner Einweihung im Jahr 1547 nicht nur als Sitz der landesherrlichen Räte der Oberen Pfalz, sondern beherbergte auch die Regierungsregistratur und das Regierungsarchiv.

Dieser herausragende Fund führte jetztAmbergs Oberbürgermeister Michael Cerny (CSU), den neuen Landgerichtspräsidenten Stefan Täschner, den Leiter des Stadtarchivs Andreas Erb und die Leiterin des Staatsarchivs Maria Rita Sagstetter im Amberger Rathaus zusammen. Darüber informierte die Stadt Amberg in einer Pressemitteilung.

Gemeinsam unterzogen sie das aus dem 16. Jahrhundert stammende, handschriftlich verfasste Originaldokument einer genauen Betrachtung.

Längenangaben in Schuh

Bei dem von Hans Ortenberger angefertigten Plan handelt es sich um ein Meisterstück. „So befanden es jedenfalls die städtischen Verantwortlichen und erkannten ihm nach einer Prüfung das Meisterrecht zu, wie der damalige Stadtschreiber Bernhard Büchelmayer am 17.März 1552 vermerkte“, berichtete der Amberger Stadtarchivar Andreas Erb. Dafür hatte Ortenberger den fünf Jahre alten Neubau der kurfürstlichen Regierungskanzlei gezeichnet und vermessen. „Der Plan ist damit die älteste Zeichnung des heutigen Landgerichts“, so Erb.

Bemerkenswert sei seinen Aussagen zufolge die Darstellungsweise des Gebäudes auf dieser Zeichnung: Die beiden Giebelseiten wurden zeichnerisch aufgeklappt und flankieren die Fassade zur heutigen Regierungsstraße. Eingezeichnet sind im unteren Gebäudeteil sowie in den Türen und Fenstern die Längenangaben in Schuh, einem früher in vielen Teilen der Welt verwendeten Längenmaß. Diese hatte Ortenberger außerdem am Rande des Plans zusammengerechnet.

Eines der ersten Renaissancebauten der Oberpfalz

Sagstetter merkte bei der gemeinschaftlichen Begutachtung des mit Tinte verfassten Dokuments weiterhin an, dass es sich bei dem Gebäude um eines der ersten Renaissancebauten der Oberpfalz handele. Aus den darin untergebrachten Einrichtungen Regierungsregistratur und das Regierungsarchiv ging im frühen 19. Jahrhundert das Archivkonservatorium, später das Kreisarchiv Amberg und damit die Vorgängerbehörde des Staatsarchivs Amberg hervor. Bis zur Errichtung des heutigen Archivgebäudes an der Archivstraße im Jahr 1910 hatte das für die Oberpfalz zuständige staatliche Archiv hier und im benachbarten Rentmeisteramtsgebäude seinen Sitz.

Mit der jetzt aufgetauchten Zeichnung kommt Licht in die Frühzeit der Regierungskanzlei, mit deren Bau sich die Hofhaltung und die Verwaltung der Oberen Pfalz ausdifferenzierten. Der Plan werfe aber auch Fragen auf: Etwa wer Hans Ortenberger war, woher er kam und wie er sein so erworbenes Meisterrecht ausübte – denn darüber schweigen die Quellen. Sie vermerken lediglich einen Michl Ortenberger im Bürgerbuch des Jahres 1461, der möglicherweise sein Ahne sein könnte.

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Die Zeichnung war erst nach dem Bau entstanden, Erweiterungsbauten ließen noch Jahrzehnte auf sich warten. „Von daher könnte es auch sein, dass das Gebäude lediglich als Vorlage für Ortenbergers Ambitionen als Vermesser oder Steinmetz diente“, vermuteten Erb und OB Cerny. Doch wie dem auch sei: „Ein Meisterwerk ist es, soviel steht fest, und das ist bereits seit 1552 amtlich.“

Neuer Landgerichtspräsident Stefan Täschner begrüßt

Neben diesem Blick in die Amberger Baugeschichte war das Treffen für den OB auch Anlass, Stefan Täschner in seinem Amt als Präsident des Landgerichts willkommen zu heißen. Dieser ist in Amberg kein Unbekannter, verbrachte er doch seine gesamte bisherige Dienstzeit in der Bayerischen Justiz in der Vilsstadt.