Alte Wutzschleife
Argumente pro und contra Wehr-Rückbau

14 Punkte sammelten die Gegner des geplanten Schwarzachprojekts in Rötz. Das Wasserwirtschaftsamt sieht vieles ganz anders.

19.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:42 Uhr
Günther Hofmann
Wie wird sich die Vegetation im Uferbereich verändern, wenn das Schwarzach-Wasser um 1,5 Metern abgesenkt wird? Diese Frage stellen sich die Gegner des Wehr-Rückbaus. −Foto: Günther Hofmann

Gegen den Rückbau des Wehres an der Alten Wutzschleife gab es eine Unterschriftenaktion mit insgesamt 2039 Unterzeichnern, die an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz adressiert war. In der letzten Stadtratssitzung wurden die 14 Gegenargumente gegen den geplanten Rückbau aus fachlicher Sicht bewertet.

Im ersten Argument wird angezweifelt, dass es eine ökologische Verbesserung gibt. Bewertet wurde damit, dass die EG-Wasserrahmenrichtlinie eine gesetzliche Vorgabe und für alle verbindlich ist, die Gewässer in einen guten Zustand zu bringen.

Wie sieht es mit den Hindernissen für wanderfreudige Fische aus? Früher gab es mehr Wehranlagen, aber auch viel mehr Fische. Mathias Rosenmüller, der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) Weiden, sagte dazu, dass ein reicher Fischbestand nicht nur davon abhängt, ob das Gewässer durchgängig ist, sondern auch davon, ob es quantitativ und qualitativ ausreichend geeignete Lebensräume aufweist. Und eine Fischaufstiegshilfe sei teurer und müsse dauerhaft unterhalten werden.

Und die Mero-Ölsperre?

Ein weiteres Argument war, dass der Rückbau auch eine Verlegung der Mero-Ölsperre zur Folge hätte. Die Bewertung führt an, dass die FFW Rötz das Vorhaben begrüßen würde.

Ein Argument gegen den Rückbau ist, dass der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, die 150 Jahre Zeit hatten, sich dem gestauten Bereich anzupassen, zerstört werde. Zudem handele es sich um ein eingetragenes Biotop.

Dazu Mathias Rosenmüller: „Mit dem vollständigen Rückbau wird das Biotop sogar noch erheblich vergrößert.“ Hans Jürgen Porsch dazu: „Das Gutachten geht nicht auf die Argumente ein.“ Anton Baumann meinte, dass das Ziel ein Fließgewässer sei und die Fließgewässerarten gefördert werden sollten. „Ein Schwarzstorch wird definitiv nicht kommen, und ob der Eisvogel bleibt, ist auch fraglich,“ war die Antwort von Tino Gmach.

Auch mit den Fischproben des Gutachtens zeigte sich Gmach nicht einverstanden: „Scheinbar haben sich die großen Fische gerade versteckt.“

Frank Gazinski: „Ich wäre schon bei euch, wenn nicht 500 Meter weiter wieder ein stehendes Gewässer an der Vorstaustufe wäre.“ Darauf Rosenmüller: „Jeder macht etwas in seiner Zeit, und jetzt soll das Wehr rückgebaut werden.“ Anton Baumann vom WWA sagte: „Sollen wir jetzt nichts machen? Ich kann den Ausführungen von Herrn Gazinski nicht folgen.“

Zum Argument, dass durch den Wasserfall die Schwarzach mit wertvollem Sauerstoff angereichte werde, meint das Gutachten, dass der Sauerstoff in der Schwarzach keinen „kritischen“ Parameter darstellt.

Zu den befürchteten gravierenden Auswirkungen auf die Ufervegetation durch den Rückbau wird ausgeführt, dass sich diese rasch an den neuen Zustand anpasse, eine neue Ufervegetation werde sich entwickeln.

Auch die Weiterschwemmung der Sedimente mit negativer Auswirkung auf die Wasserqualität des Eixendorfer Stausees spielt laut Gutachten kaum eine Rolle, weil durch die langsame Absenkung des Wasserstands eine nennenswerte Verdriftung nicht stattfinde.

Das 10. Gegenargument: Als letztes Relikt der „Alten Wutzschleife“ und ehemaligen Glasindustrie würde ein Stück Heimatgeschichte und ein bedeutendes Industriedenkmal endgültig verloren gehen. Dessen ist sich das Wasserwirtschaftsamt durchaus bewusst, es sei in der Abwägung aber kein unmittelbarer Belang der Wasserwirtschaft. Die Bewertung obliege dem Landesamt für Denkmalpflege. Im Muhrntal seien solche Anlagen erhalten; man könne durch Themenwege informiert werden.

Ein idyllischer Ort

Nächstes Argument: Dieser Teil der Schwarzach sei idyllisch, einzigartig und ein Lieblingsplatz bzw. Ziel als Haus-Wander-Strecke für zahlreiche Einheimische. Dazu das Gutachten: Der Ort sei zweifelsohne idyllisch, wenngleich die Bewertungen unterschiedlich sein könnten. Der Talraum wird in keinster Weise zerstört. Die Wanderstrecke verliere nicht an Attraktivität, sie gewinne vielmehr durch die höhere Erlebbarkeit eines „echten“ Fließgewässers. Auch der touristische Wert gehe nicht verloren. Das WWA Weiden werde attraktive Aufenthaltsbereiche schaffen.

Beim Goldsteig-Prädikatswanderweg wird in vielen Berichten dieser besondere Flussabschnitt als „Highlight der Etappe“ bezeichnet. – Durch einen Rückbau der Wehranlage werde die Attraktivität nicht leiden, so die Bewertung.

Als letztes Argument dagegen wird angeführt, dass die Verhältnismäßigkeit des Rückbaus nicht gegeben sei. Pflanzen, Tiere und Menschen würden deutlich mehr verlieren als gewinnen. Genau das Gegenteil wird der Fall sein, ist die Meinung des WWA. Über die Verhältnismäßigkeit entscheide das Landratsamt Cham als Genehmigungsbehörde. (whg)