Rechtsserie
Der Königsweg beim Erben

Das Berliner Testament für Eheleute hat Tücken. Wie man am sinnvollsten vorgehen sollte, erklärte unsere Rechts-Expertin.

04.09.2021 | Stand 16.09.2023, 0:46 Uhr
Elke Kestler
Mit einem Berliner Testament regeln Eheleute, wer nach dem Tod des Partners was bekommt. −Foto: Jens Büttner/picture alliance/dpa

Das Berliner Testament gehört zu den beliebtesten Testamentsformen unter Eheleuten. Doch es birgt einige Tücken. Unsere Expertin Elke Kestler aus dem Landkreis Cham gibt Tipps.

Das deutsche Erbrecht erlaubt einem Ehepaar, ein gemeinsames Testament zu erstellen. Motivation ist oftmals die finanzielle Absicherung des überlebenden Ehepartners. Auf den ersten Blick erscheint dies ein sehr plausibler Grund. Allerdings hat das Berliner Testament auch Nachteile, die, werden sie übersehen, im schlimmsten Fall zu Zerwürfnissen innerhalb der Familie führen.

Um als Paar ein Berliner Testament erstellen zu können, muss es verheiratet sein. Vereinfacht gesagt: Setzen Sie sich im Berliner Testament gegenseitig zum Alleinerben ein. Sobald ein Ehepartner stirbt, erbt also der überlebende das gesamte Vermögen des Verstorbenen. Die beiden Vermögensmassen verschmelzen zu einem gemeinsamen Vermögen.

Im zweiten Todesfall kommen die Kinder zum Zug und erben den gesamte konsolidierten Nachlass. Der erbende Ehegatte wird hierbei als Vollerbe, die erbenden Kinder im zweiten Schritt als Schlusserben bezeichnet. Dieses Vorgehen bezeichnet man als Einheitslösung.

Zwei entscheidende Aspekte werden oftmals von den Eheleuten übersehen. Wenn ein Ehepartner gestorben ist, kann der Inhalt des Berliner Testaments nicht mehr abgeändert werden. Da das Testament den Willen beider Eheleute reflektiert, bedarf es folglich auch der Einwilligung beider, um Änderungen vorzunehmen. Dies ist im Todesfall nicht mehr möglich. Es sei denn, das Berliner Testament ist entsprechend formuliert, so dass dem überlebenden Ehepartner ausdrücklich das Recht zu Veränderungen eingeräumt wird.

Durch die gegenseitige Erbeinsetzung werden die Kinder im ersten Todesfall enterbt. Dadurch haben sie von Gesetzes wegen einen Anspruch auf ihren Pflichtteil (Vater- oder Mutter-gut) am Nachlass des verstorbenen Elternteils. Dies kann bei fehlender Berücksichtigung nicht nur zu gravierenden Konflikten innerhalb der Familie und einer erheblichen finanziellen Belastung des Überlebenden führen, sondern stellt sich zudem auch gegen die anfängliche Motivation, den überlebenden Ehepartner finanziell abzusichern.

Der „Königsweg“ ist die Abgabe eines Pflichtteilsverzichts der Kinder für den ersten Erbfall. Somit verzichten sie auf ihren Anspruch im Todesfall des ersten Ehepartners und das gesamte Vermögen verbleibt beim überlebenden Ehegatten. Die finanzielle Situation des Überlebenden ist gesichert und das Konfliktpotenzial innerhalb der Familie auf ein Minimum reduziert. Der Erbanspruch der Kinder im zweiten Todesfall wird hiervon nicht berührt. Zu beachten ist, dass der Pflichtteilsverzicht notariell beurkundet werden muss, um wirksam zu sein.

Wenn Sie den Kindern bereits im ersten Todesfall Vermögen zuwenden möchten, etwa um erbschaftssteuerli-che Freibeträge auszunutzen, können Sie zu deren Gunsten Vermächtnisse anordnen. Damit bleibt der überlebende Ehepartner Alleinerbe und muss nur die konkret benannten Gegenstände an den Vermächtnisnehmer herausgeben. Ob das Berliner Testament „Fluch oder Segen“ ist, hängt also maßgeblich davon ab, wie Sie es im konkreten Einzelfall gestalten und ob Sie seinen Inhalt über einen Pflichtteilsverzicht Ihrer Kinder zugunsten des Überlebenden absichern können.