Schweigen für die Opfer
Jahrestag der Reichspogromnacht: Gedenken im Stadtpark Cham

10.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:58 Uhr
Kleines gemeinsames Gedenken am Jahrestag der Reichspogromnacht −Foto: Ferdinand Schönberger

Pogrome sind gewalttätige Ausschreitungen gegen nationale, religiöse oder ethische Minderheiten. Als sich am 9. November 1938 in München fast die gesamte NS-Elite versammelt hatte, ergingen nach einer Hetzrede von Propagandaminister Goebbels gegen Juden erste Anweisungen, in denen zur Zerstörung jüdischer Einrichtungen aufgerufen wurde.

Noch in derselben Nacht brannten Synagogen, wurden Geschäfte und Wohnungen demoliert, Menschen misshandelt, verhaftet und ermordet. Was folgte, gilt als offizielles Signal zum größten Völkermord in Europa.

Am Mittwochabend, dem Jahrestag dieser Reichspogromnacht, hatten das Bündnis für Toleranz und Menschenrechte und jüdische Mitbürger in den Stadtpark zum Gedenkstein für ermordete Juden der Stadt geladen. Wie Organisatorin Amy Weinstein erklärte, wolle man der jüdischen Opfer der Reichspogromnacht und des folgenden Holocaust gedenken und die Erinnerung daran wach halten, auf dass es nie wieder geschehe.

Christian Oberthür, Mitglied im Sprecherkreis des Bündnisses, begrüßte dazu mehr als 30 Teilnehmer. Für Marian Janka vom Kreisvorstand der GEW und des DGB sei die Pogromnacht langfristig vorbereitet worden. Man wollte nur einen Anlass finden, vielleicht auch ein Stück Rache für den 9.11.1918, ab dem es eine Republik und Arbeitgeber- und Frauenrechte gab.

Er las aus dem Yad Vashem-Archiv Erinnerungen des jüdischen 15-jährigen Hillel Schechter aus Leipzig vor: Auf dem Weg zur Schule wusste er noch nichts vom Pogrom und sah schreiende SA- und SS-Männer, darunter auch solche in Zivil, die ein Haus nach dem anderen stürmten, die Möbel aus dem Fenster warfen und die Juden schlugen und wegbrachten. Er wanderte schließlich Ende 1939 aus und sah seine Eltern und die Schwester nicht wieder.

Amy Weinstein bat um ein fünfminütiges Schweigen und sprach danach in jüdischer, englischer und deutscher Sprache das Gebet einer Frau, die aus Palästina zurück nach Ungarn gegangen war: „Wir denken an die sechs Millionen Brüder und Schwestern, die ermordet wurden, weil sie Juden waren. Bewahre du sie unter deinen beiden Flügeln. Möge ihr Licht für immer scheinen. Herr, sie sind dein.“