Klotzen bei Breitband
600 Arbeiter vergraben 2023 Glasfaser für 100 Millionen Euro im Landkreis Cham

03.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:47 Uhr
Werkleiter Klaus Schedlbauer (rechts) präsentierte dem Werkausschuss Digitale Infrastruktur die Ausbaupläne im Landkreis Cham. −Foto: Johannes Schiedermeier

„Wir können uns ein wenig zurücklehnen, wenn wir fünf Jahre zurückschauen. Es sind Welten, die uns von der Situation von damals trennen“, so Landrat Franz Löffler. Ende 2023 werden es wieder Welten sein, berichtete er dem Werkausschuss „Digitale Infrastruktur“: Dann wird der Landkreis weitere 100 Millionen Euro in den Ausbau der Glasfaser investiert haben.



Bei der Erschließung der weißen Flächen (unter 30 Mbit) mit 19 000 Anwesen und 2100 Kilometern Leitung seien 200 Millionen Euro investiert worden. „Das alles innerhalb weniger Jahre und 50 Prozent davon sind bereits fertig“, so Löffler, Knapp 1800 aktive Kunden seien schon am Netz. Weitere 20 Prozent des Auftragsvolumens seien bereits vergeben. Heuer würden insgesamt 100 Millionen investiert und es seien auf den Baustellen 600 Arbeiter beschäftigt.

Graue Flächen im Visier

Jetzt werde man sich zusätzlich um die grauen Flächen kümmern, die bisher unter 100 Mbit Leistung im Angebot haben (hellgraue Flächen), oder mehr als 100 und Kupferkabel-Versorgung (dunkelgraue Flächen). Für diese „dunkelgraue Fraktion“ gebe es noch keine Förderung. Für die hellgraue Fraktion seien 125 Millionen Euro bereits zugesagt. Der Landkreis werde reagieren, sobald Förderprogramme angeboten werden. „Das ist ein komplexes Thema und manche Ausgestaltung von Bundesförderrichtlinien ist in Cham entstanden“, so Löffler.

Klaus Schedlbauer, Leiter des Eigenbetriebs, berichtete über die Aufteilung in sechs Projektgebiete und 19 Cluster und gute Fortschritte. Auch Telekom, Leonet und Vodafone seien mit eigenwirtschaftlichen Ausbauten in den Städten unterwegs. Die Zusammenarbeit habe sich im Vergleich zu früher extrem verbessert. 953 Kilometer Trassenlänge seien noch zu bauen, 73 Prozent der Hausanschlüsse in den Projektgebieten seien fertig oder im Bau. 38 Prozent der Landkreisbürger haben inzwischen Glasfaser im Haus liegen, so Schedlbauer. Nach Abschluss aller Maßnahmen seien 78 Prozent der Bürger bis 2025 angeschlossen. „Da gibt es wenige Landkreise, die eine solche Quote erreichen“, so der Werkleiter.

Kreisrat Karl Holmeier sprach von einer beeindruckenden Bilanz: „Wir kennen alle die schwierigen Anfänge. Wenn wir sehen, wo wir jetzt stehen, dann muss man vor dieser Leistung schon Respekt haben. Wir sind führend in Deutschland. Das war wirklich mutig. Niemand wusste, ob das gutgeht.“

Kreisrat Michael Multerer erklärte, alleine in Arnschwang seien 8,5 Millionen Euro für gut 400 Hausanschlüsse begraben worden und 160 Kilometer Leitung. „Das ist mehr, als unsere Straßen wert sind.“

Stellvertretender Werkleiter Maximilian Köckritz gab einen Überblick über die Finanzen. Man werde alle Vorgaben erreichen und sei bei den Ausgaben immer noch unter dem Soll. Die Erträge seien leicht über den Erwartungen, weil Vodafone abschnittsweise und damit schneller die Pachteinnahmen zahle. Der Eigenbetrieb habe 17 Angestellte.

Geplant sei eine Investition von 100 Millionen Euro. Diese Investitionen seien nicht wegen höherer Kosten explodiert, sondern, weil man ganze Gebiete wie Furth im Wald vorgezogen habe und schneller gewesen sei beim Ausbau.

In der Bauphase, so Köckritz, investiere man logischerweise und erwirtschafte keinen Gewinn. Das werde bis 2028 so bleiben. Heuer gehe es um einen Jahresverlust von 3,5 Millionen Euro. Es werden rund 25 Millionen Euro Kredite aufgenommen. Derzeit werde von einem Gesamtbedarf von 80 Millionen Euro an Krediten ausgegangen. Letztlich verbleiben, nach 50 Prozent Förderung durch den Bund und 40 Prozent durch das Land, zehn Prozent Eigenanteil. Teile der Förderungen würden zeitverzögert ausbezahlt und die Pacht von Vodafone werde sofort von der Förderung abgezogen. „Das alles muss von uns vorfinanziert werden“, so Köckritz.

Die 80 Millionen Kredite aus den nächsten drei Jahren sollen laut Köckritz 2030 bezahlt sein. 2023 werden 500 000 Euro Pachterlöse erwartet, rund zwei Millionen Euro pro Jahr am Ende des Ausbaus.

Förderung als Voraussetzung

Kreisrat Michael Multerer wandte ein, wenn ab 2028 ein positives Ergebnis erwirtschaftet wird, müssten die Kommunen als erste ihr Geld zurückbekommen. Landrat Franz Löffler forderte, das Fell des Bären erst zu verteilen, wenn er erlegt sei.

Kreisrat Christoph Czakalla fragte, was hinter Verwaltungskosten von 230 000 Euro stecke? Das seien Leistungen, die der Landkreis personell erbringe und die vergütet werden müssten, so Köckritz.

Auf eine Frage von Kreisrat Wolfgang Pilz erklärte Köckritz, dass Anwesen an einer Trasse, die noch nicht förderfähig sind, auch nicht angeschlossen werden dürfen. „Wir müssen uns im Förderrahmen bewegen, sonst geht der Schuss nach hinten los“, so Landrat Löffler. Der Werkausschuss schlug die Vorlagen alle einstimmig dem Kreistag zur Zustimmung vor.