Gericht
Heroin in der Unterhose versteckt

Ein Regensburger türmte bei einer Kontrolle und baute einen Unfall. Er hatte Drogen im Blut und keinen Führerschein.

03.05.2019 | Stand 16.09.2023, 5:39 Uhr
Marion Boeselager

Der Angeklagte (links) mit seiner Anwältin Claudia Schenk Foto: Boeselager

Bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle in der Frankenstraße unter der Pfaffensteiner Brücke winkten zwei Polizeibeamte im vergangenen Oktober einen Skoda zur Kontrolle an die Seite. Der Fahrer stoppte und beugte sich zur Seite, als ob er auf dem Beifahrersitz nach seinen Papieren suchte. Dann aber drückte er plötzlich aufs Gas und flüchtete. Dabei ignorierte er eine rote Ampel und nahm einem Lkw bei der Auffahrt zur Autobahn nach München die Vorfahrt. Es kam zum Crash. Der Laster erwischte mit seiner Front das Heck des Skoda (Fremdschaden 5000 Euro). Doch der Flüchtende raste weiter. Die Polizei hatte inzwischen mit Hilfe des Kennzeichens den Halter des Skoda ermittelt.

Als die Beamten bei der Adresse ankamen, war der Unfallfahrer schon da: Schwankend stand er neben dem Skoda und wehrte sich heftig gegen den Zugriff der Polizei. Die Besatzung zweier Streifenwagen war nötig, um den Mann am Boden zu fixieren. Aus seiner geballten Faust konnten die Beamten zwei Päckchen Heroin mit einem Gesamtgewicht von 42,2 Gramm entwinden. In seiner Unterhosen hatte der Fahrer zudem neun weitere, bereits verpackte Heroinplomben versteckt.

Der 41-jährige Regensburger mit russischen Wurzeln war mit einem Cocktail von Alkohol, Heroin, Cannabis und weiteren Substanzen zugedröhnt. Die Fahrerlaubnis war ihm wegen Drogenbesitzes längst entzogen worden. Seit Donnerstag steht er wegen Handelns mit Drogen in nicht geringer Menge, Trunkenheit am Steuer, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Unfallflucht und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vor dem Landgericht.

Drogen im Gebüsch gefunden

Vor Gericht erzählte der seit Langem arbeitslose Regensburger, er habe an den Tagen vor dem Vorfall mit Bekannten gefeiert und Betäubungsmittel konsumiert. Dann habe er über einen der Partygäste Heroin kaufen wollen. Dieser habe in seinem Beisein bei einem Dealer „in der Nähe der Bahngleise“ vier Plomben Heroin erworben. Seltsamerweise sei der Rauschgifthändler kurz vor Abgabe der Plomben „im Gebüsch verschwunden“.

Der Angeklagte will später zwischen den Büschen herumgesucht haben. „Unter einem Stein“ fand er angeblich ein Drogenversteck mit dem später bei ihm beschlagnahmten Stoff und räumte es aus. Als er von der Polizei geschnappt wurde, sei er gerade unterwegs zum Halter des Skoda gewesen, bei dem er übernachten wollte. „Ich hatte zu der Zeit keine Wohnung.“

Die Frage des Vorsitzenden Richters Georg Kimmerl, ob der Angeklagte mit Drogen handle, beantwortete er mit „nicht wirklich“. Auf die Frage, ob er das Heroin habe verkaufen wollen, meinte der 41-jährige Hartz-IV-Empfänger, er habe da „keinen Plan“ gehabt. Er habe es eigentlich „für sich selbst“ gewollt.

Gegen den russischstämmigen Angeklagten spricht seine langjährige Drogenkarriere: Er bringt es auf 17 Vorstrafen aus dem Bereich der Beschaffungs- und Rauschgiftkriminalität. Zudem hatte er bei seiner Festnahme in einem Kuvert und einer Bauchtasche rund 10 000 Euro in bar bei sich. Zudem erwähnte der Staatsanwalt „Notizzettel“ mit Beträgen und Namen, die bei ihm gefunden worden seien.

Der Angeklagte, der offiziell von 400 Euro Sozialhilfe monatlich lebt, hatte dafür schnell eine Erklärung parat: Einen Teil der Summe habe er durch „Schwarzarbeit“ erlangt. 8000 Euro stammten von seiner Mama. Die habe ihm das Geld geliehen, um über einen Makler eine Wohnung zu finden.

Mamas Ersparnisse gefordert

Seine Mutter (80), eine gepflegte alte Dame, war aus Baden-Württemberg als Zeugin angereist. Auf einen Stock gestützt betrat die Spätaussiedlerin aus Russland etwas ängstlich den Sitzungssaal. Sie bestätigte, ihrem Sohn das Geld „für eine Wohnung“ geliehen zu haben: „Er sagte: Ich brauche Geld. Das waren meine Ersparnisse für meine Beerdigung.“

Sie legte ein Schreiben einer Stiftung für ehemalige politische Häftlinge vor. Die Einrichtung hatte ihr die Summe vor Jahren überwiesen. Auf Frage des Gerichts, ob sie denn nicht Angst gehabt habe, ihr drogensüchtiger Sohn könne das Geld für Rauschgift ausgeben, antwortete sie mit fester Stimme: „Ich habe ihm geglaubt, dass er das Geld für eine Wohnung braucht. Ich glaube meinem Sohn.“

Der Prozess wird fortgesetzt.

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