Gast-Arbeiter
Aus Helfen am Bauernhof wurde Liebe

Berit Proctor kam über eine Organisation nach Brennberg, um für Kost und Logis zu arbeiten. Jetzt ist sie die Bäuerin.

10.08.2018 | Stand 16.09.2023, 5:56 Uhr
Heinz Klein

Berit Proctor kam als WWOOFer auf die Höllmühle und lernte dort den „Jungbauern“ und Steinmetz Olaf Klein kennen. Nun sind sie eine Familie. Im Bild mit Töchterchen Liz und Pina, Hofhund Merle und Lehrling Damian Schymalla mit Hundewelpen. Foto: Klein

Wie kommt man ohne viel Geld herum in der Welt? „Work and travel“ – arbeiten und reisen – ist ein Konzept, das beides möglich macht. Und das nutzte Berit Proctor. Die junge Frau war in Spanien und Australien unterwegs, arbeitete dort auf einer Bananenfarm und einem Hof in der Wüste als WWOOFer. WWOOF steht für „World-Wide Opportunities on Organic Farms“ – die Gelegenheit, weltweit auf Bio-Bauernhöfen gegen Kost und Logis zu arbeiten.

Das WWOOFen behielt Berit Proctor auch während ihres Studiums in Passau bei und half an Wochenenden auf dem idyllischen Biohof Höllmühle bei Brennberg. Dann ging es wieder hinaus in die Welt. Die junge Frau organisierte für eine Tourismus-Agentur Eltern-Kind-Reisen in Kroatien und Spanien. Und sie hielt weiterhin Kontakt zur Höllmühle.Bei einem Hoffest lernte sie schließlich den späteren Hoferben Olaf Klein kennen, der als Steinmetzmeister gerade in England seinen „Master of fine art“ gemacht hatte.Tja, und dann hat’s gefunkt. Was aus dem WWOOFen alles werden kann! Da müssen Olaf und Berit schmunzeln. Das Töchterchen Pina lacht mit, während Liz, der jüngste Spross in der Höllmühle, noch selig ein Nickerchen macht.

Von Frankfurt in die Höllmühle

„Jeder muss schauen, wie er sich je nach seinen Fähigkeiten einbringen kann.“Berit Proctor, Bäuerin und Hofbetreuerin

Die zwei Männer arbeiten derzeit fieberhaft an einem Giebelabschluss für eine neugotische Kirche in Saal. „An so was kommst du kaum ran, das ist eine ganz seltene Arbeit“ strahlt Lehrling Damian sichtlich stolz und freut sich, an so einem Auftrag arbeiten zu dürfen. In der offenen Steinmetz-Werkstatt schauen ihnen Gänse, Laufenten, Seidenhühner und Hofhund Merle zu. Wenn es Abend wird, trotten elf Rinder von der Weide kommend an der Steinmetz-Werkstatt vorbei zurück in den Hof. Mütterkühe, zwei Kälber und ein Stier sind der Viehbestand in der Höllmühle.

Denn nicht nur die geleistete Arbeit ist wichtig. Es ist auch schön, neue Gesichter und Menschen mit neuen Ideen kennenzulernen, erzählt die Höllmühlen-Bäuerin. Das ist die grundlegende Idee des WWOOFens. Einblicke in die ökologische Landwirtschaft und das Arbeiten mit Tieren zu gewinnen, Neues zu lernen, aber auch Ideen beizusteuern.

Sechs Stunden Arbeit sind genug

Deshalb wird auch nicht erwartet, dass diese „Gast-Arbeiter“ den ganzen Tag schuften. Bei etwa fünf, sechs Stunden Arbeitszeit pro Tag liegt die Erwartung. „Manche hängen sich aber auch rein in die Arbeit, das macht denen richtig Spaß“, beobachtet Berit Proctor.

Olaf Klein schaut erst mal, wie sich die „Mit-Arbeiter“ so anstellen und ob man ihnen auch gefährliche Werkzeuge in die Hand geben kann. Die Leute kommen als Gäste mit der Bereitschaft, mitzuarbeiten. „Jeder muss schauen, wie er sich je nach seinen Fähigkeiten einbringen kann“, sagt Berit Proctor.

Die 41-Jährige ist für das Netzwerk WWOOF auch als Hofbetreuerin unterwegs und berät Biobauern, die WWOOFer aufnehmen möchten.Das können auch Höfe mit einer ganz kleinen Landwirtschaft sein, die vielleicht erst am Anfang stehen, sagt Berit Proctor. Wichtig ist, dass sie ökologisch wirtschaften. Die Unterkunft variiert vom Gästezimmer bis hin zum Wohnwagen oder Zelt. Die Gastgeber und die anfallenden Arbeiten werden auf der WWOOF-Homepage beschrieben – darunter auch einige Höfe im und am Rand des Bayerischen Waldes. Und die Zahl der Gastgeber wächst, freut sich die Hofbetreuerin aus der Höllmühle.

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