Rundgang durch Regensburg
Der Altstadt auf den Grund gehen - mit den 76 Tafeln der Künstlerin Maria Maier

10.05.2023 | Stand 15.09.2023, 0:06 Uhr
Anna Mayr
Am Eingang der Neupfarrkirche findet man eine der 76 von Künstlerin Maria Maier entworfenen Tafeln. −Foto: Fotos: Mayr

Vielleicht ist dem einen oder anderen beim Spazieren durch die Stadt dieses Kunstprojekt schon einmal aufgefallen: Es geht um die kleinen, rechteckigen Tafeln, die an etlichen historischen Gebäuden in der Altstadt angebracht sind.

Maria Maier ist das Gesicht hinter dem nun schon 28 Jahre alten Projekt. Anlässlich des kulturellen Jahresthemas „Höhenflug“ zeigte sie bei einer Stadtführung eine Auswahl ihrer Tafeln. Stadtheimatpfleger Gerhard Waldherr begleitete die Führung und lieferte den geschichtlichen Hintergrund.

„An wie vielen Tafeln man tagtäglich vorbeigeht, ohne sie wahrzunehmen“, staunte eine Teilnehmerin. Kirchen, Patrizierhäuser, Palais, Tore, Museen, Neubauten, Plätze, Parkanlagen sowie das Alte und das Neue Rathaus – zu finden sind die insgesamt 76 Tafeln an allen historischen Gebäuden der Stadt. Zum Beispiel auch am Neupfarrplatz, wo die Führung beginnt: Hier befindet sich eine Tafel links vom Eingang zur Neupfarrkirche. Sie besteht aus zwei nebeneinanderliegenden Vierecken: Die linke Seite zeigt die Grundrisse aller Kirchen in Regensburg, die rechte Seite zeigt den Grundriss der Neupfarrkirche.

Reise in die Vergangenheit

Der Platz selbst hat eine beträchtliche Vergangenheit, wie Stadtheimatpfleger Waldherr den Teilnehmern erklärte. So wurde er 1519 „ganz brutal in die Stadt gebrochen“, als die dort ansässige jüdische Bevölkerung vertrieben wurde. Der Schutt der abgerissenen Häuser wurde in der Mitte zusammengeschoben, dort wo man heute den Sockel der Kirche findet. 1542 wurde dann die protestantische „Neue Pfarre“ gegründet, von der sich der Name des Platzes und der Kirche ableitet.

Maria Maier hatte schon immer ein Interesse für das Thema Zeit. Daher initiierte sie 1995 unter anderem das Projekt „Stadtzeit-Zeitstadt“ zum 750-jährigen Jubiläum der Reichstadt Regensburg. Ihr Ziel: 750 Jahre Stadtgeschichte künstlerisch umsetzen. „Zeit lässt sich nur in seiner Wirkung wahrnehmen“, sagte Maier. Die Architektur sei ein Beispiel dafür.

Mit den Tafeln möchte sie der Stadt wortwörtlich auf den Grund gehen. „Die Stadt verändert sich zwar ständig, aber der Grundriss bleibt immer gleich“, sagte Maier. Dass die Grundrisse weder maßstab- noch und lagegerecht sind, ist für Maier nebensächlich. Die Kunst, die ästhetische Form-Grund Beziehung, sei als Gesamtmotiv interessant. Und wieso gibt es keine Erklärungen bei den Tafeln?„Mir geht es um die konkrete Kunst“, antwortete sie.

Der politische Wechsel

Zurück zum Rundgang. Maier und Waldherr machten auch beim Neuen Rathaus halt. Hier hat Maier eine schwarz-rote Tafel installiert. Die Farbkombination stünde für den politischen Wechsel zwischen CSU und SPD.

Als nächstes ging es weiter in Richtung Dom. Hier gibt es verschiede Kunsttafeln sowohl am Dom Sankt Peter selbst als auch beim Domschatzmuseum und der Kirche Sankt Ulrich.

Maria Maier führte dann zum Patrizierhaus Heuport, wo eine blau-orange Tafel über dem Eingang hängt. Das Blau stünde hier für die Ferne, das Orange für den Reichtum der Patrizier. Waldherr veranschaulichte den Teilnehmern anschließend, wie die Patrizier damals lebten. Auch auf der Rückseite des Goliathhauses hängt eine solche blau-orange Tafel. In der Tändlergasse mündete die Führung letztlich.

Eines war nach diesem Rundgang klar: Es ist wirklich erstaunlich, an wie vielen Tafeln man tagtäglich vorbeigeht, ohne sie wahrzunehmen. Durch die Führung sieht man die historischen Gebäude nun allerdings in einer – getreu dem Thema „Höhenflug – ganz anderen (Vogel-)Perspektive.

Wer selbst Lust hat, einen Spaziergang auf dem Grund der Stadtgeschichte zu machen, findet einen Lageplan der Kunsttafeln und weitere Infos auf Maria Maier’s Website unter www.maria-maier.com.