Ausstellung
Ein Fall für die Nachwelt: Horst Hanske

Der Fotograf kam Regensburg und seinen Menschen nahe. Sein Werk verlangt nach einem dauerhaften öffentlichen Schauplatz.

15.11.2015 | Stand 16.09.2023, 6:53 Uhr
Blick auf ein Foto von Horst Hanske, zu sehen im MZ-Medienhaus −Foto: altrofoto.de

„Der eigentliche Reichtum einer Stadt liegt in ihren Bewohnern. Aus Horst Hanskes Schwarz-Weiß-Bildern leuchtet die ganze Buntheit Regensburgs. Vom kauernden Bettler bis zum Fürstenpaar, von den tratschenden Hausfrauen bis zu den eleganten Kaffeehaus-Sitzern hat Horst Hanske die vielen Gesichter des Lebens in der Stadt festgehalten.“

Dr. Vera Bachmann umreißt in wenigen Worten das Lebenswerk des Regensburger Fotografen, dem die Mittelbayerische Zeitung und die Stadt zum 80. Geburtstag eine Ausstellung widmen. Die Germanistin, Hanskes Schwiegertochter, hat die Schau kuratiert. In einer kleinen Auswahl an Fotos, Zeichnungen und Texten gibt sie eine schlüssige Deutung vom Werk des Chronisten und Künstlers.

Momentaufnahmen von Gültigkeit

Vor rund 250 Menschen, viele enge Wegbegleiter, eröffnete die Ausstellung am Sonntag im MZ-Medienhaus: um 17 Uhr, zur Blauen Stunde, in der der Tag geht und die Nacht kommt. Licht und Schatten konstituieren die Fotografie; die Ausstellung konnte zu keiner anderen Zeit beginnen, sagte MZ-Autor Harald Raab, Hanskes Kollege in der Woche-Redaktion und Initiator des Ausstellungsprojekts.

Hanske hat ungezählten Momenten Dauer verliehen. Umgekehrt überdauern er und seine Arbeit in unzähligen Erinnerungen. MZ-Verleger Peter Esser rief bei der Eröffnung einige dieser Momente wach: Wie der begeisterte Sportler und sein Onkel Rolf Esser, völlig zerschunden nach einem Radrennen, vor dem Haus saßen. Wie ihm der Fotograf Tipps für seine erste Kamera gab. Oder wie er, vor 30 Jahren, seine Hochzeit fotografierte.

„Er gab seinen Bildern Seele“

Hanske stand nie abseits oder gar über den Menschen und Geschehnissen – sondern immer mitten drin, betonte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Er bekannte sich als Fan, den es beeindruckte, wie Hanske das Wesen der Menschen erfasste. „Hanske hat das Regensburgerische gesammelt und ein Stück jüngerer Stadtgeschichte für die Zukunft fixiert.“

Hanske brachte alle Fähigkeiten mit, die Kunst braucht: handwerkliche Präzision, Neugier, Fantasie, Gestaltungswillen und Bildästhetik und den Drang, sich auszudrücken. Gefördert von Verleger Karlheinz Esser und Woche-Chefredakteur Josef Titz erhielt der Nonkonformist die Freiheit, über das Pflichtpensum hinaus Gültiges zu schaffen. Kulturdezernent Wolf-Peter Schnetz, zuständig für das Kulturprogramm der Olympiade 1972, holte Hanske nach München. Eindrucksvoll dramatische Bilder von den Wettkämpfen sind so entstanden, Raab: „Es würde sich lohnen, Hanskes Sportfotografie wieder zu entdecken.“

Auf Augenhöhe mit Cartier-Bresson

Hanske schuf Bilder, die Gültigkeit besitzen, Bilder schaffen, die eine ganze Geschichte erzählen, Bilder, in denen sich Form und Inhalt gegenseitig tragen. Eine kleine, handliche Leica war sein bevorzugtes Gerät, um den entscheidenden, den unwiederholbaren Moment zu bannen: mit all seiner Welterfahrung, ästhetischen Prinzipien und subjektiven Interessen.

Hanskes Stil rangiert gleichrangig mit den Fotografen der legendären Agentur Magnum. Raab: „Legen Sie ein Buch von Henri Cartier-Bresson neben eines von Horst Hanske: Sie werden feststellen, dass Hanske in Regensburg auf Augenhöhe mit dem Meister in Paris gearbeitet hat.“ Parallelen zog Raab auch zu US-Fotograf Walker Evans, der das Elend in der Zeit der großen Depression zeigte: Auch Walker verwandelte Alltäglich-Beiläufiges in überzeitliche Symbole.

Wissenschaftlich verankern

OB Wolbergs reagierte mit dem Verweis auf den Erwerb des Hanske-Archivs: Es werde jetzt aufbereitet und zugänglich gemacht. Die Kooperation von Stadt, Unternehmen und Privatleuten sei ein zukunftsweisendes Konstrukt: „Denn lebendige Kultur kann nicht nur durch die Kulturverwaltung geschaffen werden. Sie speist sich aus allen Beteiligten einer Stadtgesellschaft.“