Von der Depression bis zur Ess-Störung
Familien stürmen auch in Regensburg die Beratungsstellen

28.03.2023 | Stand 15.09.2023, 1:01 Uhr
Zogen Bilanz: die Beratungsstellen-Leiter Martin Kriekhaus (Cham), Marion Neumann (Tirschenreuth) und Hermann Scheuerer-Englisch (Regensburg) sowie KJF-Direktor Michael Eibl (v.l.) −Foto: Koller

Besonders Jugendliche haben im Krisenjahr 2022 gelitten – Die Katholische Jugendfürsorge erweitert ihr Angebot.

Besonders die Jugendlichen, aber auch Kinder leiden unter den Folgen der Krisenjahre. In Stadt und Landkreis Regensburg haben sich 2022 mehr als 1000 Familien an die Beratungsstellen der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) gewandt gewandt, 116 davon suchten den virtuellen Kontakt über das Internet.

Ihre Probleme haben sich in den Corona-Jahren und als Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine (Kriegsangst, Inflation) zugespitzt. Die Hauptthemen: psychische Erkrankungen, von der Ess-Störung bis zur Depression, Sucht, Trennung oder Scheidung.

Fast 5000 Familien haben im Vorjahr in den zehn KJF-Beratungsstellen in der Diözese Hilfe gesucht, rund zehn Prozent mehr als 2021. In beinahe 40 Prozent der Fälle ging es um Jugendliche, bei 37 Prozent der Beratungen standen Sechs- bis Elfjährige im Mittelpunkt. Ein knappes Viertel der Ratsuchenden waren Eltern von Babys und Kleinkindern.

Bei der Jahrespressekonferenz in Regensburg haben KJF-Direktor Michael Eibl sowie die Beratungsstellenleiter Hermann Scheuerer-Englisch (Regensburg), Martin Kriekhaus (Cham) und Marion Neumann (Tirschenreuth) Bilanz gezogen. „Bei uns kommen jetzt Kinder an, die die nicht gerne lernen, sehr eigenwillig und traurig sind“, stellte Scheuerer-Englisch fest. Die Corona-Krise habe Spuren in den Seelen hinterlassen. Hausaufgaben stellten für die meisten Familien ein großes Problem dar. Viele Eltern schafften es nicht, ihre Jugendlichen vom Handy wegzubekommen.

Marion Neumann erlebt mehr Mädchen mit Ess-Störungen und Jugendliche mit Depression.

„Wie kann man in diesen Tagen überhaupt noch Zuversicht vermitteln, dass alles wieder gut wird?“, fragte Michael Eibl in die Runde. Das sei eine herausfordernde Aufgabe, aber die Beratungsstellen hätten mit hohem Engagement, digital und in Präsenz, ihr Bestes gegeben. Die Fachleute hätten erschöpfte Eltern, belastete Kinder und Jugendliche verlässlich begleitet.

Allerdings liegen die Wartezeiten für die Beratungen bei bis zu vier Wochen. Schneller geht es nur bei besonders schwierigen Situationen, zum Beispiel, wenn ein Jugendlicher Selbstmordgedanken äußert oder eine Schule Druck macht, weil Lehrkräfte ein Kind nicht mehr erreichen. Hermann Scheuerer-Englisch räumte ein, personell sei die Regensburger Beratungsstelle für Kinder. Jugendliche und Eltern „auf Kante genäht“.

Doch alle zehn Beratungsstellen in der Diözese haben ihr Angebot ausgeweitet. Dafür gibt es ein Förderprogramm des bayerischen Sozialministeriums. Auch Stellen wurden geschaffen. Neue Angebote sind Sprechstunden an Schulen, Kindergärten und Familienzentren. „Als besonders hilfreich erwiesen sich auch Sprechstunden für psychisch oder körperlich belastete Eltern in Krankenhäusern, etwa dem Medbo-Bezirksklinikum oder dem Caritaskrankenhaus in Regensburg und dem Chamer Zentrum für Psychiatrie“, sagte Martin Kriekhaus.

Die Beratungsstellenleiter präsentierten die Kampagne „Da für Eltern und da für Jugendliche“, die mit Videoclips über die KJF-Arbeit informiert. Es geht um Mediensucht, sexuellen Missbrauch, Schreibabys, Depression. Die KJF warb auf Instagram für die Clips und erreichte innerhalb von sechs Wochen 6000 Menschen.