Tradition
Fischzug: Gespenstische Stille in Dietldorf

23.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:27 Uhr
Stefan Barte
Schweigend zogen die Männer durch den Ort, um das Ende der fünften Jahreszeit zu besiegeln. −Foto: Stefan Barte

Bereits am Rosenmontag zogen die schwarz gekleideten, mit Zylindern, Heiglstegga und Kirm ausgerüsteten Leichdosoger durch Dietldorf und das Umland, um das Ableben des geliebten Geldbeutels zu verkünden. Damit wurde auf das nahe Faschingsende hingewiesen.

Am Abend des Aschermittwochs war es dann so weit. Die bereits leicht abgekämpft wirkenden Männer trafen sich im Gasthaus Weiß, um sich mit dem Fischzug zur Geldbeutelverbrennung auf den Weg zu machen. Es ist eine ernste Angelegenheit. Zeremonienmeister Thomas Kerner erklärt die strengen Regeln.

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Jeder Teilnehmer muss entsprechend der Trauerbekleidung mit Zylinder, schwarzer Jacke, weißem Hemd und schwarzem Schuhwerk ausgestattet sein. Die Jacken werden auf dem Rücken mit einem weißen Fisch mit Kreide verziert. Kein Fisch gleicht dabei dem anderen. Es wird sich mit Bismarck- oder Brathering und ofenfrischem Bauernbrot sowie Freibier gestärkt.

Die Reihenfolge ist fest vorgeschrieben

Dann wird Aufstellung genommen. Zuerst zwei Leichdosoger mit dem Geldbeutel und einer Laterne an einer 2,5 Meter langen Holzstange, dann der Schatzmeister mit der Kasse, die Fisch- und Brotträger mit Kerzen und zum Schluss ein Laternenträger.

Die Dämmerung hat bereits eingesetzt. Im ganzen Dorf herrscht eine gespenstische, fast mystische Stille. Mit Überschreiten der Wirtshausschwelle herrscht im Fischzug absolutes Schweigegebot.

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Der Zug läuft durch die Straßen, nichts ist zu hören, außer den Schritten der Männer. Es werden keine Kurven gegangen, jede Ecke wird ausgelaufen, keine Mine wird verzogen. Während des nächsten Stopps im Feuerwehrhaus werden bei weiterem Fisch, Brot und Bier beobachtete Fehlverhalten der Zugmitglieder zur Anklage gebracht und bestraft. Weiße Socken, Turnschuhe mit weißen Sohlen oder auch das Vergessen der Schlusslaterne zu Hause, werden unmissverständlich angeprangert. Auch das unsaubere Eckengehen von Luke und Bene an der Zugspitze gefiel dem Zeremonienmeister nicht.

Faschingssaison wird begraben

Frisch gestärkt folgte der Höhepunkt des Faschingsausklangs. „Freund Geldbeutel“ wurde in einem Strohfeuer an der Vilsbrücke unter großem Wehklagen der Trauergemeinde verbrannt. Der letzte Marschabschnitt des Trauerzuges zum Gasthaus Reindl folgte. Es werden die Reste der mitgebrachten Speisen verzehrt und auch das Freibier noch gern genommen.

Ursprung des Brauchtums

Regeln:Seit dem ersten Faschingszug in Dietldorf (1952/53) findet in der Burglengenfelder Umlandgemeinde im Vilstal auch der Fischzug statt. Die Teilnahme ist nur den Männern im Dorf gestattet, die – gebunden an strenge Regeln – schweigend von Wirt zu Wirt ziehen. Woher die Wurzeln des Brauchs stammen, ist nicht bekannt.

Überlegungen:Einige wollen Parallelen zum Dyonisoskult der Griechen und den Saturnkult der Römer erkennen. Auch heidnische Elemente, wie das Ausgehen der Ecken bei Dunkelheit, spielen wohl in der überlieferten Tradition eine Rolle. Es könnte aber auch einfach eine gewachsene Gaudi sein, die pure Lebensfreude ausdrückt.