Ski alpin
Neumarkter will zu den Paralympics

Der Holzheimer Christoph Glötzner hat sich fest vorgenommen, bei den Paralympics in Peking an den Start zu gehen.

14.06.2019 | Stand 16.09.2023, 5:33 Uhr
Bettina Glötzner

Christoph Glötzner (hinten, 4. von rechts) mit seinen Trainingskollegen sowie Co-Bundestrainerin Maike Hujara (hinten, rechts) und dem Neumarkter Physiotherapeuten Benno Ofenböck (hinten, 2. von rechts) Foto: Walter Glötzner

Ein anstrengendes Wochenende liegt hinter dem Holzheimer Christoph Glötzner. Der 15-Jährige, der bereits seit seiner Kindheit auf einem Ski die Piste hinab rast, trainierte zusammen mit dem Nachwuchskader von Para Ski alpin, dem deutschen paralympischen Skiteam, in Neumarkt.

Als Christoph Glötzner drei Jahre alt war, verlor er bei einem Unfall sein rechtes Bein. Doch bereits ein Jahr später stand er zum ersten Mal auf einem Ski und von diesem Zeitpunkt an war der Neumarkter nicht mehr zu bremsen. Er entdeckte die Leidenschaft für das Krückenskifahren und wurde als Achtjähriger von einem Trainer des paralympischen Skikaders entdeckt. Die Jahre darauf arbeitete Christoph Glötzner hart an seiner Karriere und wurde dafür 2016 mit der Aufnahme in den Nachwuchskader des Behinderten und Rehabilitations-Sportverband Bayern belohnt.

Im Bundeskader

In der Saison 2018 gewann Christoph Glötzner dann große Preise. Er wurde deutscher Vizemeister und Viertplatzierter beim Europacup in Jasna. Kurz darauf wurde er für den Bundeskader des paralympischen Skiteams nominiert und im April dieses Jahres als Nachwuchsathlet aufgenommen. Trotz ständiger Angst vor möglichen Verletzungen steht Christophs Familie voll hinter dem Sportler. „Von klein auf hat Christoph Glötzner davon geträumt, an den Paralympics teilzunehmen. Deshalb tun wir alles, um ihn dabei zu unterstützen“, sagt Mutter Bettina Glötzner.

Am Samstag vor Pfingsten machte sich Christoph Glötzner mit seinen Teamkollegen auf den Weg zum Kletterzentrum des Deutschen Alpenvereins. „Klettern mit einem Bein? Geht doch!“, sagt der 15-Jährige, wenn ihn Menschen auf seine Behinderung ansprechen. Neben Athleten, die wie Christoph beinamputiert sind, finden sich im Team außerdem Sportler, die von Geburt an oder aufgrund eines Unfalls mit einer Behinderung leben.

Er klettert hoch hinaus

Während Christoph Glötzner in der Neumarkter Kletterhalle kurze Zeit später hoch oben an der Wand hing, sicherte sein zwei Jahre älterer Bruder Michael ihn beim Klettern ab. Endlich oben angekommen, blickte er strahlend zu seinem großen Bruder, der ihm stolz zunickte.

Maike Hujara, Co-Bundestrainerin des Teams, motivierte die jungen Talente beim Klettern in Neumarkt ebenfalls. Sie war aus Oberperfuss in Tirol angereist. „Aufgrund der guten Infrastruktur und der vielfältigen Angebote an Freizeitaktivitäten eignet sich die Stadt Neumarkt perfekt für den Konditionslehrgang“, erklärte die 34-Jährige die Entscheidung für Neumarkt als Trainingsort.

Für Christoph Glötzner ist der Sport sowohl als Ausgleich zum oft stressigen Alltag, aber auch als Leistungsaktivität wichtig. „Ich trainiere jeden zweiten Tag in unserem Trainingskeller. An den Tagen, an denen ich nicht trainiere, gehe ich zum Klettern, Schwimmen, habe Sportunterricht in der Schule oder trainiere mit meinen Physiotherapeuten“, so Christoph Glötzner. Der Holzheimer riss mit seinem Ehrgeiz auch die Physiotherapeuten Benno Ofenböck und dessen Schwester Stephanie Subke mit, die beide in Neumarkt tätig sind. Die Therapeuten öffneten spontan am arbeitsfreien Sonntag ihre Türen für das Trainingslager, um Christoph Glötzner einen optimalen Trainingserfolg zu ermöglichen. Fast jede Aktivität im Leben des 15-Jährigen dreht sich um den Sport.

Das erste Ziel: Auf ein internationales Podium

Das Leistungsniveau im Para Ski alpin ist hoch, daran ließ auch Maike Hujara keinen Zweifel. „Gerade in der Klasse, in der Christoph fährt, ist die Konkurrenz groß. Man muss schon richtig fit sein, um oben mithalten zu können“, sagte sie. Und Christoph Glötzner hat große Ziele: „Ich möchte auf jeden Fall bald bei internationalen Rennen aufs Treppchen kommen.“ Im Februar hätte der ehrgeizige Holzheimer sich diesen Traum fast erfüllt. Beim Europacup in Zagreb belegte er im Riesenslalom den vierten Platz, mit nur geringem Abstand zum Drittplatzierten.

Maike Hujara glaubt an Christoph Glötzners Talent. Die Co-Bundestrainerin denkt, dass seine Chancen, an den Paralympics teilzunehmen, gut stehen. „Christoph ist auf einem sehr guten Weg. Mit vielen Skitagen und hartem Training kann er schnell vorwärtskommen. Er ist jung, motiviert und stark.“

Gemeinsam verausgabt

Am Pfingstmontag verausgabten sich die Athleten dann auf dem gemeinsamen Sportplatz der Gymnasien, dessen Nutzung durch die Schulleiterin des Ostendorfer Gymnasiums, Ulrike Severa, und Hausmeister Stefan Keller ermöglicht wurde. Nicht nur als Athlet erfährt Christoph Glötzner die Unterstützung des Ostendorfer Gymnasiums, auch als Schüler der 9. Klasse fühlt er sich dort sehr wohl.

Im Frühjahr 2022 will Christoph Glötzner am Ostendorfer Gymnasium sein Abitur machen. Doch die Paralympics in Peking finden zur selben Zeit statt, was ihn in eine Zwickmühle bringt. Denn für den Neumarkter ist die Schule genauso wichtig wie der Sport, schließlich will nach dem Abitur Medizin studieren und wie sein Vorbild, Dr. Fritz Haas, als Facharzt Menschen nach Amputationen beistehen. Der Mediziner hat Christoph nach seinem Unfall und der Amputation betreut und ihm das Krückenskifahren beigebracht. Das hat den 15-Jährigen für seine Zukunft geprägt.

Christoph Glötzner will wie der bekannte deutsche Skirennfahrer Gerd Schönfelder nicht nur eine Medaille einfahren. Der erfolgreiche Athlet gewann insgesamt 22 Medaillen, und er überraschte die Talente während ihres Trainingslagers in Neumarkt. Bei einer Fahrradtour zur Burgruine Wolfstein und quer durch die Stadt Neumarkt machte Schönfelder jeden Anstieg zum Wettkampf und brachte den Nachwuchs so an deren Leistungsgrenze. Inspiriert von den vielen Eindrücken und erschöpft vom harten Training geht am Pfingstmontag das sportliche und lange Wochenende ganz nach dem Motto „Der gute Skirennfahrer wird im Sommer gemacht“ zu Ende.

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