Florarium
Wie Pflanzen in der Flasche gedeihen

Unter Glashauben, in Weinballons oder Glaskästen lassen sich Minibiotope schaffen, die optimale Wachstumsbedingungen bieten.

02.01.2019 | Stand 16.09.2023, 5:48 Uhr
Melanie Öhlenbach

Auch offene Gefäße lassen sich auffällig bepflanzen. Dieses Planzenterrarium von Tom Dixon Studio ist auch als Vase verwendbar. Foto: Peer Lindgreen/Tom Dixon Studio/dpa

Karge Wüste, subtropischer Regenwald oder kühle Farn- und Mooslandschaft: Unter Glas lässt sich eine Vielzahl an Pflanzenwelten nachbilden. Und das nicht nur in großen Gewächshäusern botanischer Gärten, sondern auch im eigenen Zuhause auf der Fensterbank und dem Regal.

Pflanzterrarien sind ein schöner Hingucker und sie bieten vielen grünen Mitbewohnern ideale Bedingungen. „Trockene Raumluft macht vielen Zimmerpflanzen zu schaffen, vor allem wenn sie auf der Fensterbank über der Heizung stehen“, erläutert Hans-Jürgen Weese vom Bundesverband Einzelhandelsgärtner in Berlin. „Ein Glashaus hingegen hält die Feuchtigkeit und schafft so ein Mikroklima, das für die Pflanzen optimal ist.“

Mit Glasglocke beginnen

Neu ist die Idee nicht. „Schon Mitte des 19. Jahrhunderts war es vor allem in Großbritannien Mode, Pflanzen unter Glasglocken, in Flaschen oder Miniglashäusern wachsen zu lassen“, berichtet Kunsthistorikerin Stephanie Hauschild. „In jedem Haushalt, der über ausreichend Platz und Geld verfügte, stand wahrscheinlich ein solches Schmuckstück.“

Als Wardscher Kasten ging die Erfindung des britischen Arztes in die Wissenschaftsgeschichte ein. Heute lebt das Prinzip unter vielen Namen weiter: Florarium, Flaschengarten, Miniaturgewächshaus, Farnkiste oder Zimmergarten. Neben speziellen Glashäusern bieten sich dafür Vasen sowie Einmach- und Bonbongläser mit großen Öffnungen an. Hauschild empfiehlt Anfängern Glasglocken mit Untersetzern. „Die Schalen lassen sich leicht bepflanzen, die hohe Form bietet den Pflanzen viel Raum zum Wachsen.“

Kleine Pflanzen verwenden

Sowohl Feuchtigkeit als auch Trockenheit liebende Pflanzen können in geschlossenen Systemen überleben. „Wichtig ist die Menge an Wasser, die zu Beginn hinzugegeben wird“, sagt Jeannine Marquardt, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Botanischen Gartens und des Botanischen Museums in Berlin. Unabhängig davon, ob man sich für ein trockenes oder eher feuchtes Florarium entscheidet: „Die Pflanzen sollten klein sein und nur langsam wachsen“, empfiehlt Weese. „Ansonsten wird es ihnen im Gefäß schnell zu eng.“

„Je weniger Fehler man bei der Anlage macht, desto geringer ist später der Pflegeaufwand.“Stephanie Hauschild, Kunsthistorikerin

Für trockene Zimmergärten empfehlen sich grundsätzlich kleinwüchsige Kugelkakteen wie Mammillaria, Wolfsmilchgewächse, Tillandsien und Sukkulenten wie Lithops, Echeverien oder Aloe. Zu den subtropischen Grünpflanzen, die besser in feuchten Gefäßen wachsen, gehören kleine Begonien, Tradeskantien, Bubikopf und Einblatt. Fleischfressende Pflanzen wie Fettkraut, Sonnentau, Schlauchpflanzen und die Venusfliegenfalle fühlen sich unter Glas ebenfalls wohl.

Und auch Moose und Farne finden hier ideale Bedingungen vor. „Viele Farne mögen es gern schattig, kühl und feucht“, erklärt Marquardt. Empfehlenswert sind Frauenhaarfarne, Javafarn, Knopf- und Moosfarne. Ihr Tipp: sich Arten aus der Aquaristik zu holen.

Hygiene ist A und O

Wem ein schönes Blatt nicht reicht, der kann ein Usambaraveilchen ins Glas setzen. Blühende Pflanzen gelten aber grundsätzlich als problematisch. „Sobald die Blüten verblüht sind, müssen sie entfernt werden“, erklärt Hauschild. Das kann sich einerseits technisch als aufwendig entpuppen, andererseits wird das Ökosystem durch Schimmel- und andere Pilzsporen gefährdet.

Zum Schluss folgt die Pflanzenerde. Deren Zusammensetzung richtet sich letztlich nach den eingesetzten Pflanzen. „Bei Sukkulenten und Kakteen kann man ruhig Kies und Sand in die Erde mischen. Sie brauchen einen trockenen Boden“, erklärt Weese. Marquardt empfiehlt, für ein gutes Nährstoffgleichgewicht eine kleine Menge Muttererde unter die Pflanzenerde zu mischen. „Mikroorganismen wie Springschwänze, Weiße Asseln und Regenwürmer aus dem Kompost helfen bei der Regulierung von verrottendem Pflanzenmaterial.“

Pralle Sonne vermeiden

Damit der Einsatz der Pflanzen auch bei hohen Gefäßen gelingt, empfiehlt Marquardt, sie leicht schräg in das Loch einzusetzen. Mit Teleskopwerkzeug kann man die Gewächse positionieren und vorsichtig aufrichten, ohne die Wurzeln zu verletzen. Die Anzahl der Pflanzen richtet sich nach der Größe des Gefäßes. Mehr als drei seien aber nicht empfehlenswert – schließlich wächst das Grün weiter.

Funktioniert das Ökosystem einwandfrei, ist der weitere Pflegeaufwand minimal – abgesehen vom regelmäßigen Entstauben. „Sind die Behälter richtig dicht, hält ein Florarium ohne Probleme mehrere Jahre“, so Hauschild.

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