Bildung
Macht der Lehrer den Unterschied?

An der Uni Regensburg untersucht ein Projekt den Einfluss auf den Unterricht. Dessen Qualität soll langfristig erhöht werden.

04.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:36 Uhr
Dier Forschungsgruppe FALKO-PV untersucht den Einfluss des Lehrers auf den Unterricht. −Foto: Stefan Böhringer

Mit mehr als zwei Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden fünf Jahren die Nachwuchsforschungsgruppe FALKO-PV, die von Dr. Alfred Lindl (Methoden der empirischen Bildungsforschung) an der Universität Regensburg geleitet wird. FALKO-PV steht als Abkürzung für „Fachspezifische Lehrkraftkompetenzen – Prädiktive Validierung von Professionswissenstests für Lehrkräfte in sechs Unterrichtsfächern (Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Latein, Mathematik und Physik)“.

Wissen steht im Mittelpunkt

Die Forschungsgruppe geht der Frage auf den Grund, was guten Unterricht ausmacht. Gut erforscht ist das Thema bislang fast nur in Bezug auf die Mathematik, wo mit COACTIV (Cognitive Activation in the Classroom) eine wegweisende Ergänzungsstudie zur deutschen PISA-Untersuchung 2003/04 erschienen ist, heißt es in einer Mitteilung der Uni Regensburg. Das neue Projekt werde nun auch für andere Fächer untersuchen, welche Einflussfaktoren ausschlaggebend für Lernerfolge von Schülern sind. Der Fokus des interdisziplinären Forschungsteams liege dabei zunächst auf dem domänenspezifischen Professionswissen von Lehrkräften an weiterführenden Schulen, zu dem die Bereiche des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens gehören. Dieses Professionswissen wird mithilfe von hierzu eigens konzipierten Testinstrumenten erfasst, um deren Vorhersagekraft in Bezug auf Unterricht und dessen Zielkriterien zu überprüfen.

Qualitätsmerkmale sind weiterer Schwerpunkt

Wie umfangreich ist das Wissen von Lehrkräften in ihrem Unterrichtsfach und wie umfassend ihr fachdidaktisches Wissen, also wenn es darum geht, der Klasse Fachinhalte angemessen zu vermitteln, typische Fehlvorstellungen von Schülern zu erkennen und zu berichtigen oder für eine bestimmte Lerngruppe die passenden Unterrichtsmaterialien auszuwählen?

Kooperation:Zusammenarbeit:
Im Projekt FALKO-PV arbeiten die sechs Didaktikbereiche Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Latein, Mathematik und Physik interdisziplinär zusammen.Kooperationspartner sind Fachdidaktiker der Universitäten Regensburg, Passau, Augsburg und Erfurt.

Doch erteilt eine Lehrkraft, die über ein hohes Professionswissen verfügt, tatsächlich auch besseren Unterricht? Qualitätsmerkmale von Unterricht sind ein weiterer Schwerpunkt der Forschungsgruppe. Aktuell wird Unterrichtsqualität in der Bildungsforschung vor allem über drei Basisdimensionen beschrieben: effektive Klassenführung, konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung. Hohe Ausprägungen in diesen Merkmalen gelten allgemein als besonders vorteilhaft für den Unterricht und den Lernerfolg von Schülern.

Ergebnisse im Internet

Dr. Alfred Lindl und sein Team möchten herausfinden, inwiefern diese Merkmale für alle untersuchten Fächer – Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Latein, Physik und zu Vergleichszwecken die bereits untersuchte Mathematik – relevant sind und wo Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den Disziplinen liegen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass zusätzlich zu den bisherigen Dimensionen für jedes Fach weitere, fachspezifische Aspekte existieren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Unterrichts und den Lernerfolg der Klasse haben. Im Fach Englisch ist zum Beispiel anzunehmen, dass hierfür eine auf den jeweiligen Kenntnisstand der Lerngruppe genau abgestimmte Verwendung der Fremdsprache eine besondere Rolle spielt. Sind für die einzelnen Fächer potenziell einflussreiche Merkmale identifiziert, werden diese beschrieben, messbar gemacht und ihre Bedeutung für qualitätsvollen Unterricht untersucht. Darauf fußend soll schließlich die Wirkungskette von der Kompetenz der Lehrkraft bis hin zur Leistung der Schülerinnen und Schüler empirisch überprüft werden – für vier der beteiligten Fächer (Deutsch, Englisch, Evangelische Religion und Latein) sogar erstmals.

Herausforderungen im Bildungswesen

Die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt haben laut Mitteilung der Uni das Potenzial, die Qualität des Unterrichts langfristig zu erhöhen, und könnten auch wichtige Impulse für die Optimierung der Lehrkräftebildung geben. Nach Abschluss der Studie werden Ergebnisse nicht nur in Fachpublikationen veröffentlicht, sondern sie auch auf einer Internetplattform präsentierten, die Lehramtsstudierenden, Referendarinnen und Referendaren, Lehrkräften und allen, die an der Lehrkräfteaus-, - weiter- und -fortbildung beteiligt sind, zur Verfügung steht. FALKO-PV wird über das Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung des BMBF gefördert. Das Programm nimmt sich aktuellen Herausforderungen im Bildungswesen an und soll über die empirische Bildungsforschung Wissensgrundlagen für rationale Entscheidungen in Bildungspolitik und Bildungspraxis schaffen. Ziel ist es, auf dieser Basis die Bildungschancen für alle Menschen zu erhöhen. Durch die Bewilligung der Nachwuchsforschungsgruppe stärkt das BMBF den langjährigen Forschungsschwerpunkt zu Kompetenzen von Lehrkräften an der Universität Regensburg und ermöglicht die Fortsetzung der im Vorgängerprojekt FALKO begonnenen Forschungsarbeit. Im Projekt FALKO-PV arbeiten die sechs Didaktiken Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Latein, Mathematik und Physik interdisziplinär zusammen; Kooperationspartner sind Fachdidaktiker:innen der Universitäten Regensburg, Passau, Augsburg und Erfurt.