Aufarbeitung
Hans Braun: „Nazi-Denkmal im Stadtpark muss endlich weg“

Der ehemalige Stadtarchivar fordert, ein neues Mahnmal zu errichten. Es soll an alle Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

20.11.2010 | Stand 16.09.2023, 21:09 Uhr

Neumarkt.An den Sonderzug im Jahr 1938 kann sich Hans Braun noch ganz genau erinnern. Darin saß auch der ehemalige Stadtarchivar – damals 15Jahre alte – zusammen mit seinen Amberger Klassenkameraden. Über Nürnberg ging es nach Neumarkt. Ziel war die Kundgebung am Dietrich-Eckart-Denkmal im Stadtpark.

„Schüler aus der ganzen Region wurden hierher gekarrt“, erzählt der 87-Jährige von dieser besonderen Unterrichtsfahrt. Redner war Alfred Rosenberg. Was Hitlers Chefideologe von sich gegeben hat, daran kann sich Braun aber nicht mehr erinnern „Den Krampf haben wir jungen Pimpfe eh nicht verstanden“, erklärt er.

„Heimatpolitische Ummodellierung“

Das Denkmal im Stadtpark hat den ehemaligen Stadtarchivar danach immer wieder beschäftigt. Wie die Stadt, in der er heute lebt, mit der Vergangenheit bisher umgegangen ist, schlägt ihm zuweilen auf den Magen. Das Buch „Neumarkt im Nationalsozialismus 1933 – 1945“, das vor kurzem vorgestellt wurde, hat den Ehrenvorsitzenden des Historischen Vereins erneut aufgewühlt.

Auch dort steht das Denkmal im Stadtpark in der Kritik. Das Experten-Duo Dr. Markus Urban und Katrin Kasparek bemängelten den fehlenden Hinweis auf die nationalsozialistische Vergangenheit des Ortes. Im September 1988 hatten es die Stadtväter einfach mit einer Plakette von Christoph III. umgestaltet. Dieser war – wie die Nazi-Größe Eckart – in Neumarkt zur Welt gekommen. Das nachträglich auf dem obersten Quader angebrachte ovale Relief erinnert an den späteren König von Dänemark, Norwegen, und Schweden (1416 – 1448). Braun geht von einer Nacht- und Nebelaktion aus. Er verweist auf den Schriftzug. Dieser enthält den Schreibfehler „Nord-wegen“. Brauns Vermutung: „Wenn es nicht so dringlich gewesen wäre, dann hätten man das sicherlich nicht so stehen lassen.“ Nun fordert er, die Fundamente des ehemaligen Eckart-Denkmals, „endlich zu beseitigen“. Der pensionierte Lehrer spricht von „Reichparteitagsarchitektur“ und hält nichts von „heimatpolitischer Ummodellierung“. Als „schäbig“ bezeichnet er die Entscheidung am Ende der 80er- Jahre und als „halbe Lösung“.

Neumarkt.Die Forderung, das Denkmal abzureißen und die zerkratzte Erinnerungstafel an Christoph III. anderorts – etwa im Foyer des Reitstadels – anzubringen, formuliert er übrigens nicht zum ersten Mal. Neu ist aber sein Vorschlag, ein neu gestaltetes Mahnmal an gleicher Stelle zu errichten. „Es soll an alle Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Dazu gehören aber auch die Vertriebenen“, erklärt Braun im Gespräch mit dem Tagblatt.

Außerdem plädiert der pensionierte Schulleiter, die eine oder andere Neumarkter Schule nach deutschen Widerstandskämpfern zu benennen: „Bisher hat man das nicht gewagt. Warum nicht?“ Vorstöße gab es bereits – etwa die Mädchen-Realschule in Sophie-Scholl-Schule umzubenennen. Die Studentin wurde wegen ihres Engagements in der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ 1943 hingerichtet. Nur die Fach- und Berufsoberschule in Neumarkt trägt den Namen eines Widerstandskämpfers. Sie heißt Maximilian-Kolbe-Schule. Der Pater wurde in Auschwitz ermordet.

Braun will sich erst noch mit den Altstadt-Freunden und dem Lions Club abstimmen. Der Oberstudiendirektor a. D. ist in beiden Organisationen Mitglied. Danach plant er, Oberbürgermeister und Stadtratsfraktionen detaillierte Vorschläge für die Aufarbeitung der Neumarkter Vergangenheit zu unterbreiten. Die Diskussion um die Albert-Reich-Straße empfand der 87-Jährige indes als „kleinlich“ – „zu viel Ideologie, zu viel Parteiengezänk“. Deshalb hält er es für sinnvoll, sich jetzt für einen unverfänglichen Namen zu entscheiden.

Mitbestimmung des Straßennamens

Zu diesem Thema hat sich auch Manfred Ritter von der gleichnamigen Hausverwaltungs-GmbH beim Tagblatt gemeldet. Er weist darauf hin, dass Namensänderungen von Straßen nicht nur für Immobilienverwalter kosten- und arbeitsintensiv seien. Es müssten unter anderem Banken oder Versicherungen informiert werden.

Er kritisiert, dass dies alles über die Köpfe der betroffenen Anlieger hinweg geschehen sei und fordert die Stadtverwaltung auf, zumindest bei der Findung des neuen Straßennamens den dortigen Grundstücksbesitzern das Recht einzuräumen, darüber abzustimmen.