Hilfe und Spenden
Neumarkt zeigt Herz für Ukraine

Viele Menschen aus der Region bieten Hilfe an. Eine Ukrainerin aus Neumarkt bangt um ihre Familie im umkämpften Charkiw.

01.03.2022 | Stand 15.09.2023, 21:01 Uhr
Am Rathaus sind Schilder aufgestellt. −Foto: Philip Hell

Die Welt ist seit nunmehr sechs Tagen eine andere. Russland ist in die Ukraine einmarschiert. Auf europäischem Boden sterben Menschen. Der Krieg im nur wenige Hundert Kilometer entfernten Land wirkt sich nun auch auf Neumarkt und Umgebung aus.

Unlängst postete der Velburger Bürgermeister Christian Schmid beispielsweise ein Hilfsangebot, das ihn erreicht hatte. Darin stellt ein Bürger seinen Gewerberaum, der Platz für rund zwölf Personen biete, zur Verfügung. Schmid bestätigt, dass ihn „vereinzelt Angebote aus der Bevölkerung erreichen.“ Bislang wisse er allerdings noch nicht konkret, ob, wie viele und wann Ukrainer nach Velburg kommen sollen. Für den Politiker steht fest: „Wir sind in der Pflicht jedem zu helfen.“ Die Reaktionen, die ihn seitens der Bürgern erreichen, zeigen Schmid: „Velburg hält zusammen.“ Der Politiker fühlt sich an einen Brand in einem Velburger Asylbewerberheim erinnert. „Auch damals haben sich sofort sehr viele Menschen gemeldet, um zu helfen.“

Landratsamt Neumarkt sucht Wohnungen

Auch im Neumarkter Landratsamt erwartet man eine Flüchtlingswelle aus der Ukraine. Nachdem am Montagvormittag die involvierten Stellen zusammenkamen, um das weitere Vorgehen zu besprechen, verkündete die Behörde am frühen Nachmittag, dass sie eine Koordinierungsstelle eingerichtet habe. Diese solle sich künftig um die Aufnahme und Unterbringung der Ukrainer kümmern, die wegen des Krieges aus ihrer Heimat fliehen müssten.

Auch im Landkreis Cham unterstützen viele Bürger die Menschen in der Ukraine:

Die Koordinierungsstelle sucht dazu auch Wohnungen von privaten Vermietern und nimmt entsprechende Angebote unter der Telefonnummer (09 18 1) 4 70 11 65 und per E-Mail an wohnungsangebote-ukraine@landkreis-neumarkt.de entgegen. Gleichzeitig bereite das Landratsamt auch geeignete Sammelunterkünfte vor, falls es zur Ankunft einer größeren Gruppe Flüchtlinge komme, teilte die Behörde weiter mit. Wo diese Unterkünfte eingerichtet werden, ist noch nicht ganz klar, sagt Landratsamtssprecher Michael Gottschalk. Es gäbe jedoch Pläne, Flüchtlinge wenn nötig in Turnhallen unterzubringen.

Landrat Willibald Gailler zeigte sich der Pressemitteilung zufolge entschlossen: „Wir wollen alles tun, damit alle Menschen, die wegen des grausamen Krieges gegen die Ukraine aus ihrer Heimat fliehen müssen, bestmöglich bei uns untergebracht und versorgt werden können.“ Im gleichen Atemzug dankte Gailler auch den Neumarkter Bürgern für die große Welle der Hilfsbereitschaft und Unterstützung, die jetzt schon zu spüren sei.

Schon am Montagnachmittag lagen dem Landratsamt fünf Angebote vor, wie Behördensprecher Michael Gottschalk sagte. Die ersten Menschen hätten sich am Wochenende gemeldet und auch am Montag seien weitere Angebote eingetrudelt. „Man merkt, dass die Hilfsbereitschaft sehr groß ist. Das tut sehr gut“, sagte Gottschalk.

Solidarität in der Ukraine spürbar

Diese Solidarität ist auch rund einen Tag Autofahrt entfernt in der ostukrainischen Metropole Charkiw zu spüren. Dort leben Angehörige der Neumarkterin Tetiana Aristarkhova. „Ich bin ständig in Kontakt mit meiner Familie“, sagte die Frau, die seit 2017 in Neumarkt lebt. Dabei sage sie ihren Liebsten in der schwer umkämpften Stadt, wie groß die Unterstützung in Deutschland und Neumarkt sei. Erst am Sonntag warenviele Hundert Menschen in der Stadt zusammengekommen, um ihre Solidarität zu bekunden.„Meine Angehörigen spüren die Unterstützung“, sagt Aristarkhova. „Sie bedanken sich dafür.“

Auch wenn sie in Deutschland in Sicherheit ist, sagte Tetiana Aristarkhova, dass es sich auch für sie anfühle, als würden Bomben über ihr abgeworfen. Für sie ist klar: „Ich möchte irgendwie helfen.“ Den Menschen in der Ukraine fehlt es gerade am Nötigsten. „Dort herrscht gerade ein Mangel an Insulinpräparaten“, sagt Tetiana Aristarkhova. Die Ukrainerin kämpft zugleich gegen russische Propaganda. Sie führe derzeit viele Gespräche mit russischen Freunden, um ihnen mitzuteilen „was in der Ukraine wirklich passiert“.

Agilis hilft ukrainischen Flüchtlingen

Nachdem die Deutsche Bahn schon am Wochenende verkündet hat, das ukrainische Flüchtlinge kostenfrei Fernzüge von Polen nach Deutschland nutzen dürfen, zog die Privatbahn Agilis nach. Das Unternehmen, dessen Bahnen auch im Landkreis Neumarkt verkehren, teilte am Montag mit, dass Flüchtlinge aus der Ukraine die Züge für ihre Weiterreise ab sofort kostenlos nutzen können. „Für die Mitfahrt ist lediglich ein ukrainischer Reisepass oder Personalausweis notwendig“, heißt es in einer Pressemitteilung weiter.

Der Krieg, vor dem die Menschen zu Hunderttausenden fliehen, hat bislang „noch keine große Auswirkungen“ auf den Standort der US-Armee in Hohenfels. Das sagte ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung. Aber: „Das Personal der Garnison ist zusammen mit den hier stationierten militärischen Einheiten bereit zur Unterstützung, sobald diese angefordert würde.“

Sehen Sie hier eine Bildergalerie zu den Friedensdemos, die am Wochenende in Neumarkt stattfanden:

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Die Welle an Solidarität reißt indes nicht ab. Am Montagabend fand eine Friedensdemonstration in Parsberg statt. Am Mittwochabend wollen Menschen in Neumarkt für Frieden in der Ukraine demonstrieren.