Altenpflege
Wie Seniorenheime ihr Image aufpolieren

Jennifer Wittmann ist eine hübsche Frau aus Neumarkt. Ihren Berufswunsch allerdings fanden viele nicht so attraktiv.

13.07.2018 | Stand 16.09.2023, 6:05 Uhr
Stefanie Roth
Jennifer Wittmann musste ihren Beruf in der Pflege schon oft vor anderen verteidigen. Foto: Stefanie Roth −Foto: Stefanie Roth

Als sie Verwandten und Freunden erzählte, dass sie eine Ausbildung in der Pflege machen will, kamen immer wieder die gleichen Reaktionen. Blicke des Entsetzens, des Mitleids oder der Arroganz. Blicke, die alle negativ behafteten Klischees der Pflegebranche auf einmal aussprechen. Fragen, die sie immer wieder hörte: „Willst Du das wirklich machen? Willst Du Dir das wirklich antun? Kannst Du körperlich eine solche Arbeit leisten und zum Beispiel Patienten aus dem Bett heben?“

Die junge Frau kann darüber heute nur schmunzeln, denn sie hat einen Beruf gefunden, der sie glücklich macht. Selbst das Argument, dass der Beruf den eigenen Rücken kaputt machen könnte, zählt nicht mehr. Im Haus Wolfstein in Neumarkt gibt es einen Deckenlift im Zimmer. Damit ist das Seniorenheim in Neumarkt nach Angaben der Einrichtungsleitung Tanja Feucht als einziges in der Stadt den Schritt gegangen, das Personal tatsächlich körperlich in der täglichen Arbeit zu entlasten.

Woher der schlechte Ruf kommt

Das zweite Argument,dass den Mitarbeitern in der Pflegebranche um die Ohren fliegt, ist meist die schlechte Bezahlung:Erst kürzlich kritisierte Gerhard Binder, Leiter des Caritas-Heims in Berching, dass private Träger bis zu 30 Prozent unter dem Tarif bezahlen dürfen, wie es der Gesetzgeber erlaubt (wir berichteten). Das wiederum könne ein Grund für den schlechten Ruf dieser Branche sein.

Gegen dieses Negativ-Image in der Pflege scheint die Korian Gruppe, zu der auch das Haus Wolfstein in Neumarkt zählt, schon lange ein bewährtes unternehmerisches Mittel gefunden zu haben: Hübsches Marketing, Branding, ein Presse- und ein Karriere-Portal. Hier ist alles auf Hochglanz poliert. Wer die Homepage besucht, sucht entweder einen „Pflegeplatz“ oder einen „Arbeitsplatz“: Kaum ist der jeweilige Button gedrückt, folgt die individuelle Ansprache der Zielgruppe.

„Europas größer Arbeitgeber“

Korian ist nach eigenen Angaben mit 715 Einrichtungen in Deutschland, Frankreich, Italien und Belgien „Europas größter Arbeitgeber in der Pflegebranche“. Im Karriere-Portal für junge Menschen macht ein alter Herr mit einer jungen Pflegekraft ein Selfie mit dem Smartphone. Natürlich kommt der Gedanke auf, dass das alles inszeniert ist und ein Bildbearbeitungsprogramm das Ganze noch schöner ins Licht rückt.

Korian-Akademie fördert Mitarbeiter

Sie hatte schon immer den Wunsch, sich fortzubilden. Allerdings stellte der damaliger Arbeitgeber Wittmann diese Weiterbildung zur Wohnbereichsleitung erst nach mehreren Jahren Berufserfahrung in Aussicht. Also suchte sich die junge Frau einen neuen Arbeitgeber, der ihr das ermöglichte: Dann fällt der Name „Korian“. Hier sei sie bei Schultagen mit vollem Lohnausgleich freigestellt worden. Kosten für Weiter- und Fortbildungen trägt das Unternehmen ebenso.

Das betont auch Tanja Feucht immer wieder. Aufgrund der Unternehmensgröße gibt es die sogenannte Korian-Akademie. „Wir wollen Mitarbeiter individuell fördern“, sagt Feucht. Als Beispiel nennt sie die Weiterbildung zur gerontopsychiatrischen Fachkraft. Einige gibt es bereits und sechs Mitarbeiter in Neumarkt absolvieren diese Qualifizierung derzeit. Sie ermöglicht es, demente Menschen zu betreuen.In Neumarkt gibt es einen komplett geschlossenen Bereichfür Demente. 40 von 133 Bewohner sind das.

„Wir fördern auch gering qualifizierte Mitarbeiter oder Quereinsteiger.“Tanja Feucht, Einrichtungsleitung im Haus Wolfstein

Umso wichtiger ist es, die Vorteile eines Berufs in der Pflege hervorzuheben. Das hätte Tanja Feucht fast vergessen, zu erwähnen: „Wir haben natürlich auch jede Menge Spaß bei der Arbeit“, sagt sie am Ende des Gesprächs.

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